Rundbrief Verzeichnis

Über Sterne des Typs SU-UMa

Thorsten Lange, Bovenden

Nach Erscheinen des letzten Rundbriefes baten mich einige Leser, etwas über die verschiedenen Perioden zu berichten, die bei Sternen des Typs SU-UMa auftreten. Wesentliche Teile der folgenden Erläuterungen wurden aus [1] zusammengefaßt. Ein ausführlich im BAV Rundbrief [2] gewürdigtes Beispiel ist der Stern WZ Sge, bei dem es sich um den hellsten und um einen der am besten erforschten SU-UMa-Sterne handelt.

Evolution

Bei den Kataklysmischen Sternen handelt es sich um entwickelte Doppelsternsysteme. Zu Beginn ihrer Evolution kann die Umlaufzeit beider Sterne mehrere zehn Jahre betragen. Bekanntlich entwickeln sich schwere Sterne schneller als masse-ärmere. Sobald der masse-reichere der beiden Sterne zu einem Roten Riesen geworden ist und sein Roche-Volumen ausfüllt, fließt Materie auf den leichteren Stern ab. In einer dramatischen Phase von vielleicht eintausend Jahren Dauer nähern sich die beiden Sterne auf wenige Sonnendurchmesser an und geben dabei einen Teil der Materie in einen Planetarischen Nebel ab. Dabei sinkt die Umlaufzeit, je nach dem Verhältnis der beiden Sternmassen, auf etwa vier bis zwölf Stunden.

Währenddessen entwickelt sich der Zentralkörper zu einem Weißen Zwerg und schrumpft dabei stark zusammen.

Infolge des geringen Abstands der beiden Sterne ist das Roche-Volumen des zweiten und leichteren Sterns, zumeist ein roter Zwerg, relativ klein. Sobald es ausgefüllt wird, beginnt ein Massetransfer und damit auch der eigentlich interessante Lebensabschnitt als Kataklysmisches System.

Der leichtere Stern gibt Materie mit einer Rate von etwa 10-9 Sonnenmassen pro Jahr ab, die über den Masseschwerpunkt in Richtung des Weißen Zwergs fließt. Infolge des mitgenommenen Drehimpulses sammelt sich die Materie in einer Scheibe (Akkretionsscheibe). Dort bewegt sich die Materie aufgrund von Reibungsprozessen langsam spiralförmig bis zur Oberfläche hinab. Der Ort, an dem der Materiestrom die Scheibe trifft, wird Heißer Fleck (Hot Spot) genannt.

Wird in einem Teil der Scheibe eine bestimmte Materiedichte erreicht, so zündet die Materie, und das Sternsystem zeigt eine Eruption. Dabei verringert sich die Materiedichte. Durch den anhaltenden Massetransfer füllt sich die Scheibe aber wieder, bis es zu einer erneuten Eruption kommt.

Ereignisse in der Lichtkurve

Durch zeitlich hochaufgelöste Verfolgungen der Lichtkurve (mehrere Messungen pro Minute) zeigen sich verschiedene Eigenschaften, die eine genaue Beschreibung des kataklysmischen Doppelsternsystems ermöglichen. Bedingung ist natürlich eine geringe Neigung der Bahnebene gegen den Sichtstrahl des Beobachters, der im Idealfall fast von der Seite auf die Bahnebene gucken sollte.

Die Anteile der verschiedenen Objekte im kataklysmischen System sind in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: In dieser aus [1], Seite 29, entnommenen Lichtkurve des Sterns Z Cha (oben) sind die Anteile des Weißen Zwergs (geschlossener Linienzug), des Heißen Flecks (gepunktet, inklusive Buckel und Bedeckung) und der Scheibe (gestrichelt, mit breiter Bedeckung) aufgetragen.

Während diese beiden Beobachtungen bei allen geeigneten Kataklysmischen gemacht werden können, treten die folgenden Phänomene nur beim Typ SU-UMa und seinen Untergruppen auf.

Über Superbuckel

Die Ursache der Superbuckel liegt in einer elliptischen Akkretionsscheibe. Während die Scheibe in der Ruhephase des Sterns und bei normalen Ausbrüchen fast kreisförmig ist, wird sie zur Zeit der Maximalhelligkeit eines Superausbruchs elliptisch. Dies geschieht, wie Simulationen am Computer gezeigt haben, nur bei Masseverhältnissen von < 0.33 zwischen den beiden Sternen.

Am Scheibenrand fliegende Materie merkt dabei verstärkt die Präsenz des zweiten Sterns und wird aus der runden Scheibe herausgezogen, so daß sich aus Resonanzgründen ein Buckel in der Scheibe bildet. Das Scheibenmaterial umläuft den Weißen Zwerg dabei drei Mal während einer Bahnperiode des zweiten Sterns, d.h. es gibt eine 3:1-Resonanz.

Der Buckel selbst bewegt sich schneller als der zweite Stern, so daß sich in der Lichtkurve die Position des Superbuckels relativ zur Bedeckung mit der Zeit verschiebt. Der Unterschied beider Perioden beläuft sich auf wenige Prozent. Nach der sogenannten beat period treffen beide Ereignisse wieder aufeinander. Bei WZ Sge liegt die beat period bei 8 bis 9 Tagen. Der Periodenunterschied ist linear abhängig von der Orbitalperiode, wie Abbildung 2 zeigt.

Abbildung 2: Der Unterschied zwischen der Superbuckelperiode und der Orbitalperiode beträgt bei SU-UMa-Sternen wenige Prozent und ist linear von der Periode abhängig. Diese Abbildung stammt aus [1], Seite 82.

Das Masseverhältnis begrenzt zwei Arten von Zwergnovae, deren Verteilung bezüglich der Orbitalperiode in Abbildung 3 dargestellt ist: SU-UMa-Sterne haben maximale Bahnperioden von etwa drei Stunden, während U-Gem-Sterne oberhalb dieser Grenze liegen. Bei U-Gem-Sternen mit niedrigeren Bahnperioden handelt es sich vermutlich um Sterne mit noch nicht entdeckten Superbuckeln. Die Grenze stimmt ungefähr mit der Periodenlücke überein, die im Bereich von zwei bis drei Stunden liegt.

Das Periodenminimum selbst liegt bei 78 Minuten, darunter werden nur besondere Sterne des Typs AM-CVn gefunden, die ein sehr starkes Magnetfeld aufweisen.

Abbildung 3: Die Verteilung der entdeckten Zwergnovae der Typen SU-UMa und U-Gem bezüglich ihrer Bahnperioden sowie eine Markierung des Masseverhältnisses von q = 0.33 für einen Weißen Zwerg der Masse 0.7 Sonnenmassen. Diese Abbildung stammt aus [1], Seite 81.

Als Lichtquelle der Superbuckel gelten Kollisionen zwischen den Teilchen am elliptischen Rand der Scheibe. Während in kreisförmigen Scheiben die Bahnen der Teilchen parallel verlaufen, überschneiden sie sich in elliptischen Scheiben. Dadurch kommt es zu Kollisionen, durch die Energie freigesetzt wird.

Quasi-Periodische Oszillationen

Oszillationen einer kurzen, mehr oder weniger periodischen Länge von etwa 30 bis 300 Sekunden und einer geringen Amplitude von maximal 0.2 Größenklassen werden häufig in Systemen mit Akkretionsscheibe beobachtet. Es gibt verschiedene Modelle für die Ursachen:

Lokale Zusammenballungen von Materie in der Scheibe, die sich für einige Umläufe halten, dann auflösen und durch andere Zusammenballungen an anderen Orten, d.h. zu anderen Phasen und mit anderer Periode, abgelöst werden. Eine andere Ursache könnte in radialen oder aus der Scheibe hinausführenden Oszillationen der Scheibenmaterie liegen.

Als dritte Möglichkeit kommen Pulsationen des Weißen Zwergs selbst in Betracht. Wenn Druckwellen durch den Stern laufen, schwingt er in einer individuellen Frequenz. Auf der Sternoberfläche können Druckwellen in Bereichen mit teilweise ionisiertem Wasserstoff angeregt werden.

Sterne aus den letzten Rundbriefen

In diesem Abschnitt sollen die in den letzten Rundbriefen erwähnten SU-UMa-Sterne bezüglich ihrer Periode erneut betrachtet werden.

WZ Sge aus RB 4/2001 liegt mit einer Orbitalperiode von 81.6 Minuten (0.0567 Tage) nur knapp oberhalb der Periodenlücke. Der Unterschied zwischen Orbitalperiode und Buckelperiode beträgt ε = 0.008 (also 0.8%).

Die Werte von AL Com aus RB 4/2001 betragen 0.05673 Tage sowie ε = 0.010.

UV Gem aus RB 2/2003 zeigt mit 0.095 Tagen die fünftlängste Superbuckelperiode aller bekannten SU-UMa-Sterne und liegt damit an der unteren Grenze der Periodenlücke.

BC UMa aus RB 2/2003 zeigt eine Superbuckelperiode von 0.064 Tage.

Literatur

1
C.HELLIER, Cataclysmic Variable Stars, How And Why They Vary, Springer Praxis 2001

2
T.LANGE, Aus der Sektion Eruptive - Sommernovae 2001, BAV Rundbrief 4/2001, S.194ff

3
T.KATO, SW UMa: Super-QPOs, vsnet-history 23

4
DIVERSE MAILINGLISTEN DES VSNET: http://www.kusastro.kyoto-u.ac.jp/vsnet/

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