Rundbrief Verzeichnis

RX Herculis - hat er ein "d"?

Werner Braune (Hartha 17.5.2003)

Dieser Vortrag soll am Beispiel RX Herculis einige Fragen zu allgemeiner Kommunikation, Katalogangaben- und Literatur-Beurteilung, Nutzung der Literatur zur Lichtenknecker-Database sowie der CCD-Beobachtungsmöglichkeiten und deren Festhalten schildern.

Wie kam es zu der Fragestellung eines "d" bei RX Herculis?

Dietmar Bannuscher dachte an eine Animation auf der BAV-Homepage zu den sechs verschiedenen Formen von Bedeckungslichtkurven, die im Hoffmeister "Veränderliche Sterne" dargestellt sind (3. Auflage, Barth-Verlag, Leipzig,1990, S. 205). Es sind zumeist helle Sterne des BAV-Standardprogramms.

Ich besorgte über Joachim Hübscher für die Darstellung geeignete BAV-Lichtkurvenblätter. Zur Arbeitsvereinfachung für Dietmar erstellte ich ferner eine Übersicht zu den wesentlichen Daten, die zur Beschreibung des Lichtwechsels nötig sind. Den Daten des GCVS 1985 als genereller Quelle fügte ich die Angaben des BAV Circulars an. Im BAV Circular werden auch die Daten des jeweiligen SACs aus Krakau wegen deren Aktualität eingearbeitet.

Bei RX Herculis gab es hier Abweichungen, speziell eben zum "d":

                Magnituden I   II      Periode           D      d
GCVS            7.28 - 7.87  7.74 V    1,7785724   0,13P=0,d23 5.h5  Keine Angabe
BAV Circular    7.26 - 7.89  7.74 v    1,778572          6.h0  0.h9   SAC57 1986

Da ich ein Fan hinsichtlich genauerer Angaben zu den "d"'s bin, die ja nun mit CCD besser bestimmbar sind (z.B. lichtelektrisch KO Aql, kein "d", BAV Rundbrief 3-4, 1992; noch immer im SAC und damit im BAV Circular mit 1,h2 !), gab ich Wolfgang Moschner als BAV-Sektionsleiter Bedeckungsveränderliche, einen Hinweis zu Beobachtungen in der kommenden Saison für die BAV-Homepage. Bisher haben wir in der BAV nur visuelle Beobachtungsergebnisse, bei denen aufgrund des langsamen Lichtwechsels "zwangsläufig" kein "d" von unter einer Stunde erkennbar ist.

Da im Februar noch keine Beobachtungssaison für RX Herculis ist, lag es nahe, erst einmal den Sachverhalt zu prüfen, um anhand der ggf. vorhandenen Literatur etc. herauszufinden, ob eine Investition in die Beobachtung überhaupt sinnvoll wäre. Wenn sich hier zeigt, dass eine lichtelektrisch bestimmte Lichtkurve ein deutlich erkennbares "d" in angegebener Länge hat, muss man möglicherweise nichts mehr machen.

Es sei denn, man möchte sehen, ob es noch vorhanden ist. Ich kann mich an Ausführungen von Tibor Hegedüs (Bajai Obszervatorium, Baja, Ungarn) Ende der 80er in Brünn erinnern, der u.a. über einen Bedeckungsveränderlichen mit stark zugenommenem Helligkeitsabfall im Hauptminimum berichtete. Verschiebungen im Bedeckungsveränderlichensystem wurden als Ursache angenommen. Dies ist für mich ein Grund, unsere CCD-Beobachter aufzufordern, bei ihren genauen Messungen, doch Notizen zu derartigen Feststellungen der BAV mitzuteilen. Mit dem Gedanken zur Systematisierung derartiger Angaben, deren Erfassung und ggf. Publikation gehe ich immer wieder einmal um. Das betrifft auch besonders Angaben zu RR-Lyrae-Sternen (z.B. (M-m)-Angabe u.a. wegen des Blazhko-Effektes).

Von Joachim Hübscher wurden die bei ihm stehenden älteren SACs nach dem Ursprung der Angaben zum "d" angesehen. Die Durchsicht der SACs erfolgte in der Erwartung, dass wie in aktuellen Ausgaben, ggf. Hinweise zu verwendeter Literatur zu finden sein sollten. Mit einer derartigen, konkreten Angabe hätten wir leicht den Einstieg in die umfassende Literatur zur Lichtenknecker-Database gefunden; denn hier ist die Sortierung nach Quellen in der zeitlichen Folge vorgenommen. Fragestellungen nach aller vorhandenen Literatur zu einem speziellen Bedeckungsveränderlichen der Database können mangels derartiger Zuordnung nicht beantwortet werden. Dabei hatte ich mir das so schön vorgestellt und hatte Franz Agerer schon gebeten, den "Ordner RX Herculis" nach Hartha mitzubringen.

Hinsichtlich der SACs ergab sich, dass bereits im SAC 35 (1964) als Wert für "d" = 0,h7 stand bis 1978. Seit 1979 beträgt der Wert 0,h9. Hinweise auf Quellen gab es in dieser Zeit noch nicht. Mit diesen Angaben bat ich in einem E-Mail an die Redaktion des SAC in Krakau um nähere Angaben. Seit Februar ohne Antwort. Ein E-Mail von Mitte März hinsichtlich WY- Leo-Falschangaben der Amplitude mit Nachfrage zu RX Her blieb ebenfalls unbeantwortet. Schade.

Im Rahmen dieser Untersuchungen fand Joachim Hübscher, dass in der Finding List of Eclipsing Binaries 1980 bei RX Her D = 6h und d = 0h angegeben ist. Also eine konkrete Angabe und nicht "ohne Angabe" wie im GCVS.

Eine kleine Literatur-Sichtung von Wolfgang Moschner führte zwar zu einer umfassenden Gesamtbearbeitung von K.W. Jeffreys in A&AS 42, 1980 (1980 aus dem Internet!), die alle Daten des Sternsystems als solches enthält, aber keine zum "d". In der beigefügten Lichtkurve ist dies aufgrund des Maßstabes der gesamten Periode nicht erkennbar. Dies gilt auch für die lichtelektrischen Beobachtungen des gesamten Helligkeitsverlaufes aus 1988 der Sternwarte Ankara, publiziert in den IBVS 3403.

Da Krakau nicht antwortete, wurde eine Anfrage zum Datenmaterial in Ankara vorgenommen. Der letzte Beobachter von RX Her mit E-Mail aus den IBVS 4670 hatte die dort angegebene E-Mail "natürlich" nicht mehr. Also andere, aktuelle Beobachter dort fragen mit dem Ergebnis: Die Ankara-Mail stimmt nicht , meldete t-online. Ein Brief nach Ankara brachte nach schon 12 Tagen eine Mail-Antwort von B. Gurol, der seine Beobachtungen nachsah: Drei Hauptminimums-Beobachtungen zeigten ein "d" von 0,71h bis 0,92h je nach Güte der Beobachtungen bzw. Wahl der Auswertung.

Beobachten ist also nicht mehr angesagt. CCD-mäßig sollte es dennoch gehen, da geeignete Vergleichssterne im engeren Gesichtsfeld vorhanden sind.

Eine neue Mitteilung an den SAC sah ich als nicht erforderlich an, da deren Angaben von 0,9 Stunden bestätigt wurden.

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