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UV Ant:
Ein Stern in Antila der seine Geheimnisse bewahrt

Anton Paschke

Das Goldfieber von 1982 in der Sierra Pelada war das größte der Menschengeschichte; es ist 1985 zu Ende gegangen. Mehr wird es nicht mehr geben. Auch Kimberley 1908 in Südafrika ist vorbei. Die in der Kalahari und in Namibia am Strand herumliegenden Diamanten sind schon alle eingesammelt. Bagger holen allen Sand, in dem noch etwas glitzert, Privatpersonen haben keinen Zutritt.

Ähnlich geht es den Veränderlichen-Beobachtern, besonders den visuellen. Die automatischen Teleskope nehmen ihnen die Schätze weg. Sagt man.

Blicken wir auf die Geschichte zurück, so finden wir etwas Ähnliches schon vor 80 Jahren. Johann Palisa in Wien entdeckte jedes Jahr etwa15 neue Veränderliche, visuell. Seine Kollegen photographierten in der Nacht und blinkten die Platten bei Tag. 15 neue Veränderliche und noch ein paar Kleinplaneten ließen sich mühelos auf einem jeden Plattenpaar finden.

Die Begeisterung hat sich nach Jahrzehnten totgelaufen, keiner will mehr. Wir wissen, dass viele, sehr viele, der damals entdeckten Sterne nie wieder beobachtet worden sind. Es ist geradezu der Sport der etwas ehrgeizigeren Amateure, solche Sterne "wieder in Betrieb" zu nehmen. Erstens mal, den Stern mit ggf. schlechten Koordinaten wieder zu finden. Danach ein Minimum oder Maximum zu finden, schließlich die Periode zu überprüfen. Das ist viel Arbeit. Oftmals stellt sich heraus, dass die Entdecker die nötige Arbeit eben nicht investiert haben und allerhand Angaben zu korrigieren sind.

Hipparcos war eigentlich für Astrometrie gedacht. Nur so nebenbei kamen auch noch Hunderte Veränderliche zum Vorschein. Sandrine Picard hat schließlich noch die Daten des Tycho Experiments ausgewertet und eine lange Liste von Sternen veröffentlicht, die sie der Veränderlichkeit verdächtigt: http://cdsweb.u-strasbg.fr/viz-bin/Cat?II/233. Viele davon haben kleine Amplituden, aber GSC 3627.1580 And ist geradezu ein Feldstecher-Stern. Die Elemente 51457.658 + 1.875803 (oder halb) beruhen vorwiegend auf den visuellen Beobachtungen von Jean Claude Misson (den Michel Dumont als "Le only Großvater du GEOS" vorzustellen pflegt). Bisher gibt es etwa 20 ausschließlich visuelle Minima des Sterns.

Seit einigen Jahren betreiben einige von uns mehr oder weniger automatische Teleskope. Was ich hier meine, sind aber die automatisch betriebenen Himmelsüberwachungen, die nicht auf namentlich bestimmte Sterne, sondern einfach auf die ganze Fläche ausgerichtet sind. Einige davon, MACHO oder OGLE, waren auf relativ kleine Flächen in den Magellanschen Wolken oder in dichte Gebiete der Milchstrasse gerichtet.

Rotse-1 war auf optisches Nachleuchten von Gamma Bursts gerichtet. Dabei wurden etwa 1.7 TB CCD-Bilder aufgenommen und die Autoren verkündeten, dass sie 30 000 neue Veränderliche entdeckt haben. Allerdings wurde nur ein kleiner Teil der Daten weiter verarbeitet, die Original-Aufnahmen auszuwerten erwies sich als schwierig. Die meisten der neu "entdeckten" Veränderlichen waren schon mindestens einmal "entdeckt" worden - auf den Sonneberger Platten, für deren Auswertung kein Geld mehr bewilligt wurde. Auf dem Datenträger gespeichert ist noch nicht wirklich entdeckt!

Nun hat Rotse-1 doch eine günstige Wende genommen. Ein Computer, eine sehr wirksame Maschine zur Daten-Verdichtung (oder Vernichtung?) ist benutzt worden um automatisch von CCD-Bildern zu Helligkeitswerten zu kommen. Damit ist die Datenmenge sicherlich um einen Faktor 1000 reduziert worden. Diese Daten sind nun auf dem Internet verfügbar.

In ähnlichem Zustand sind die Daten des ASAS Projektes, welches von vornherein auf Veränderliche Sterne des Südhimmels ausgerichtet ist. Hier ist man noch etwas weiter gegangen, der Benutzer kann für einige (bei weitem nicht alle) Sterne neu bestimmte Elemente und Lichtkurven ansehen. Weitere, kleinere Projekte gibt es auch noch. Bei vielen werden die Daten eher schubladisiert als verschenkt.

Damit haben wir also wieder eine technische Revolution wie mit dem Blinken der Platten. Nun kann man zuhause vor dem Computer sitzen und endlich mal die seit der Entdeckung vernachlässigten Sterne des Südhimmels dran nehmen. Der bisherige Sport des "wieder in Betrieb nehmen" hat sich gewandelt. Der Aufwand ist pro Stern auf wenige Minuten geschrumpft. Resultate gibt es im Moment so viele, dass sie den Wert verloren haben. Aber auf dem Datenträger gespeichert sind sie noch nicht wirklich entdeckt. Ein Mensch muss die Daten noch durchsehen. Das Fernrohr, die Kamera und auch der Computer machen keine Entdeckungen.

Heute, im Moment, bedeuten die verfügbaren Daten vor allem eine große Menge Arbeit. Ich will da nicht nur reden, ich will es wirklich anpacken. Wo soll ich anfangen? Naja, am einfachsten beim A wie Andromeda. Die Maxima von 23 RR-Lyrae-Sternen in Andromeda, die von Rotse erreicht wurden, sind bereits in der RR-Lyr-Datenbank von GEOS plus BAV. Je ein Minimum aller von Rotse erreichter GCVS Bedeckungssterne und ein paar neue Elemente habe ich ebenfalls.

Auf Andromeda folgt Antila. Ein kleines Sternbild, in dem kaum je jemand beobachtet hat. Auf Anhieb kann ich bei mehreren Sternen GCVS Perioden wiederlegen oder überhaupt neue Perioden finden. Doch darüber schreibe ich später mal. Jetzt will ich nur den UV Ant vorstellen.

Der UV Ant ist als HV 07584 von E.Hughes-Boyce, HB 903, 1936 angezeigt worden. Bedeckungsstern, Periode unbekannt. Dabei ist es vermutlich geblieben, bis heute als ich an einem verregneten Nachmittag vor dem Computer saß. Die ASAS Daten des Sterns sehen auf den ersten Blick komisch aus, als hätte er eine Periode von Monaten. Das ist übel, denn es deutet auf eine Periode nahe an einem Tag hin. Und tatsächlich, das Beste was ich aus dem UV Ant herausholen kann, zeigt das Diagramm.

Abbildung: Phasendiagramm der ASAS-Daten von UV Ant gefaltet mit einer Periode von 1.99877 d.

Ist es nun ein Bedeckungsstern mit der Periode 1.99877 Tage und mit dem Minimum von 51957.408 ? Die Lichtkurve ist nicht symmetrisch. Ist es also eher ein RRab Stern mit der halben Periode (Maximum 51955.735) ?

Oder ist die ganze Veränderlichkeit ein Effekt der Erdrotation? ASAS stellt die Fragen, es beantwortet sie nicht.

Jetzt sind wieder die traditionellen Beobachter gefordert. Die Erfahrung zeigt, dass erdsynchrone Sterne harte Knacknüsse sein können. Allerdings muss der Beobachter sein Fernrohr zumindest auf Malta oder in der Algarve aufstellen, Norddeutschland geht nicht.

Am Schluss möchte ich noch einen Blick in die Zukunft wagen. Ich vermute (oder soll ich mehr als Prophet auftreten?), dass es mit den CCD-Daten so verlaufen wird wie mit den Platten. Nach anfänglicher Begeisterung wird das Interesse exponentiell abnehmen. Die visuellen und auch die CCD-Beobachter werden wieder nicht ganz um ihre Arbeit gebracht. Sie müssen sich allerdings mit den neu gemachten Entdeckungen bekannt machen. Zukünftiges Beobachten wird weiter nötig bleiben, auch wenn den heutigen Projekten das Geld ausgeht. Die Gesellschaften der Amateure sind am ehesten geeignet, über Jahrzehnte anhaltendes Interesse zu entwickeln.

Zum Glück ist das Besitzdenken in Bezug auf Sterne nicht so entwickelt wie im Bezug auf Diamanten. Man darf sich auch über die freuen, die man sozusagen in der Baggerschaufel gefunden hat.

http://Anton.Paschke.com/stars.htm enthält Links zu allen erwähnten Datenquellen.


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