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Sinn und Zweck der Veränderlichenbeobachtung durch Amateure

Der Titel ist anspruchsvoll. Er steht jedem Werk über Veränderlichbeobachtung voran. Das Themas wird ggf. mit wissenschaftlichem Gehalt gefüllt; denn die Veränderlichkeit eines Sterns ist ein normaler Entwicklungsvorgang: Unsere Sonne wird in einigen Millionen Jahren ein Mirastern sein und sich bis zur Jupiterbahn ausdehnen. Somit sind die Veränderlichen Prüf- steine der Sternentwicklung. Schon bei diesem Gedanken kann man die Beobachtung als spannend ansehen.

Amateur-Spaß und Fachastronomen Nutzen

Auch im beobachterischen Detail gibt es so viel Abwechslung, weil man sagen kann: Nichts ist richtig konstant: keine Periode, kein Helligkeitsverlauf - immer wieder Überraschungen. Man mub einfach dabei sein, um zu erleben und zu entdecken. Da bei vielen Veränderlichen die beobachtbaren Veränderungen so markant sind, dab sie allein mit dem Auge und noch viel mehr mit einem Feldstecher oder Amateurteleskop erkennbar werden. Ganz zu schweigen von Genauigkeitssteigerung mit einem lichtelektrischen Fotometer oder den Möglichkeiten der CCD Kamera. Unter den inzwischen wohl über 40.000 erkannten Veränderlichen sind allein rd. 400 Veränderliche der unterschiedlichsten Art in den BAV Programmen und damit den Amateuren mit einfachen Instrumenten zugänglich.

Die Zusammenarbeit der Amateure funktioniert weltweit. Die BAV ist dabei ein bedeutendes Teil in der Zuarbeit der Amateure für die Fachastronomie. Bei so vielen Veränderlichen ergibt es sich zwangsläufig, dab die Fachleute Hilfen brauchen, die einfach bei der Vielzahl der Sterne immer stärker dran sind: Das geht nur mit vielen Amateuren.

Und da das Beobachten Spab macht, hat jeder Amateur nicht nur Zuträgerfunktion, sondern auch Möglichkeiten zum eigenen Entdecken, was nach Vorarbeiten z.B. von Tycho, der viele helle Veränderliche neu entdeckte, auch visuell gut funktioniert. Beim heutigen Stand der Technik unter Amateuren speziell mit CCD werden nicht nur neben der allgemeinen Beo- bachtung auch neue Veränderliche gezielt gefunden. Wir wollen uns nachfolgend mit einigen Sterntypen und deren Beobachtung spezieller beschäftigen.

Bedeckungsveränderliche (auch RR Lyrae Sterne)

Wir wissen, dab allein bei Bedeckungsveränderlichen aufgrund ihrer Physik und bei Kenntnis ihrer Bahn nur hier verläbliche Aussagen zu den Zustandsgröben der beteiligten beiden Komponenten abgeleitet werden können. So beschrieb Prof. Dr. Drechsel, Remais-Sternwarte Bamberg, in einem Referat auf unserer BAV Tagung 1994 in Violau ausführlich Ergebnisse aus seiner Forschungsarbeit bei "Jungen Bedeckungsveränderlichen" (Rbf. 43,129 ff.).

Ein weiteres grobes Interesse der Fachastronomen gilt Bedeckungsveränderlichen mit Apsiden- drehung. Hierüber und über interessante Sterne zur Amateur-Mitwirkung berichtete H. Busch und erstellte ein ausführliches Verzeichnis auf unserem BAV Treffen in Hartha 1997. (Rbf. 48, 5 ff.).

Einige Sterne dieser Art sind auch Bestandteil unseres neuen Programms 2000, das mit 69 Sternen vor allem solche umfabt, bei denen zwar Bedeckungslichtwechsel angenommen wird, die Elemente für eine Vorhersage aber völlig untauglich sind, weil die Sterne vernachläbigt wurden und keine neuen Beobachtungen vorliegen. Hier ist die Sucharbeit der Amateure gefragt, um die Helligkeitsveränderung nun endlich in den Griff zu bekommen. Es ist wie bei der Entdeckung von Veränderlichen, wenn auch schon mit einigen Anhaltspunkten: Man mub fleibig beobachten, um hier ggf. eine neue Abschwächung der Helligkeit zu sehen und nach Möglichkeit ein neues Minimum zu erspähen.

Hilfen für die Fachastronomen

Und damit sind wir auch bei der Hauptarbeit im Bereich kurzperiodischer Veränderlicher (Bedeckungsveränderliche und auch die kurzperiodisch pulsierenden RR Lyrae Sterne, deren Maxima interessant sind). Wir arbeiten daran, die Helligkeitsverläufe in ihrer Veränderung im Griff zu behalten, denn konstant ist keine abgeleitete Periode! Und die Fachleute möchten doch gern wissen, wann etwas genau passiert, um ihre teueren Instrumente möglichst erfolgreich auf diese Sterne zu richten und nicht um ein oder zwei Stunden daneben zu liegen, was bei beschränkter Beobachtungzeit schon ein Flopp sein kann.

In der ständigen Überwachung Veränderlicher auf Abweichungen liegt der Hauptspab der Veränderlichenbeobachtung durch Amateure.

Hipparcos-Beobachtungsbearbeitung und eigene Entdeckungen durch BAVer

Angeregt durch die Hipparcos(Tycho) Satelitten-Durchmusterung des Himmels nach Verän- derlichen gab es für Amateure genug zu tun, vor allem auch im Bereich hellerer Sterne, die neu angezeigt waren und zur Beobachtung immer noch interessant sind.

So konnte Eckhard Born u.a. Typ und Elemente des Bedeckungsveränderlichen HD 143213 mit einem 10 x 70 Feldstecher bestimmen, was allein mit den Tycho-Angaben nicht möglich war.(BAV Mitteilungen Nr. 107, 1997).

Ist die Neuentdeckung von Veränderlichen durch Amateure im Rahmen der BAV zum Teil auch ein Nebenprodukt der systematischen Überwachung von Veränderlichen mit CCD Kameras (Beispiele von Peter Frank), so hat Dr. Klaus Bernhardt sich ganz absichtlich mit der CCD-Kamera erfolgreich auf dieses Entdeckungsgebiet begeben. Hierbei entdeckte er natürlich auch Veränderliche unterschiedlichen Typs.

Mirasterne

Diese langperiodisch pulsierenden Einzelsterne haben beobachterisch für Amateure gewisse Vorzüge: Die Helligkeitvariation ist extrem: Vier Gröbenklassen und mehr. Da sieht man etwas wie der Entdecker von Mira, dem dieser Wunderbare im bloben Auge hell erschien und dann verschwand. Mit einem kleinen Fernrohr heute aber weiter verfolgbar ist. Man mub nicht über ein Jahr warten. Man hat bei solchen Sternen aber einen ganz anderen Beobachtungsrhythmus von vielleicht einmal in der Woche oder an jedem klaren Abend.

Interessant ist neben einer nicht konstanten Periode vor allem die unterschiedlich hohe Ausprägung vor allem der Maxima, deren Helligkeit in Gröbenordnungen von 30 % der gesamten Lichtveränderung variieren kann. Das ist spannend; aber nicht immer erfreulich für den Amateur mit nur kleinem Instrument, weil ein sonst mit dem bloben Auge im Maximum sichtbarer Mirastern ggf. nur Feldstecherhelligkeit erreicht.

Hält die BAV auch ihre Beobachter an, bei diesen Sternen selbständig eine Lichtkurve zu erzielen, so arbeiten wir dennoch mit internationalen Sammelstellen zusammen, die monatlich die Einzelschätzungen eingesandt erhalten. Das ist in Europa die französische AFOEV und in den USA mit Tradition von fast 90 Jahren die AAVSO (American Association of Variable Star Observers). Denn die aktuelle Sammlung und die weitere Zurverfügungstellung der aktuellen Daten eines einzelnen Sterns macht für die Fachastronomen Sinn: Man kann z.B. so für Spektroskopie etwa einmal ein im Ansatz sehr helles oder schwaches Maximum avisiert bekommen.

AAVSO Beobachtungen zur Unterstützung von Programmen der Fachastronomen

In einem umfassenden Artikel stellte schon 1989 Frau Direktor J.A. Mattei die wichtigsten Beiträge von Veränderlichenbeobachtern der AAVSO vor (Rbf. 38, 160 ff.):

Aus den vielen Einzelbeispielen hier ein leicht nachzuvollziehendes: Die Astronomen der Universität California waren an der Radio-Beobachtung von hellen Veränderlichen interessiert, die als SiO-Maser bekannt sind. Sie fragten an, ob die Sterne ihrer Beobachtungsliste zur geplanten Beobachtungszeit hell sein würden. Die AAVSO Daten extrapolierend fand die AAVSO, dab alle Sterne schwach wären. Diese entscheidende Information befähigte die Fachleute, ihre Beobachtungszeit auf ein späteres Datum zu verschieben, um dann einen maximalen Nutzen aus dem Einsatz des Radioteleskops zu ziehen.

Im Bereich der BAV hat sich, angeregt durch P. Maurer, bei langperiodischen AAVSO-Ster- nen aktuell ein spezieller Beobachtungsakzent herausgebildet: Die Beobachtung von Kohlen- stoff-Sternen, deren Verhalten auch die neuere Aufmerksamkeit der Fachastromen gilt. (Rbf. 47, 137 ff.).

Das Langzeitverhalten der Perioden und Helligkeiten der Mirasterne ist eine grundsätzlich wichtige Aufgabe vor allem der Auswertung der bei der AAVSO gesammelten Einzelschät- zungen und ihrer Lichtkurven. Hiermit hat sich Hartmut Goldhahn aktuell beschäftigt, nach- dem schon vordem im BAV Rundbrief Beiträge von Erwin Heiser (Sonderrundbrief und BAV Mitteilungen Nr. 27, 1975) und Eberhard Zische (Rbf. 40, 12 ff.) erschienen. Der bekannteste Fall ist die Periodenverkürzung von R Aql.

Eruptive und kataklismische Veränderliche

Die Eruptiven sind neben den Mirasternen das Hauptarbeitsgebiet der AAVSO. Viele Koope- rationserfolge der AAVSO liegen in diesem Bereich, bei dem auch BAVer stark beteiligt sind

Der genannte Beitrag von J.A. Mattei bringt hierzu eine Fülle von Beispielen, aus denen ich hier nur eines herausgreife:

Hier funktionierte mustergültig die optische Überwachung und sofortige Meldung bei den Untersuchungen mit Röntgen- und UV-Satelliten: Während der pointing-phase von HEAO-1 alarmierten AAVSO-Beobachter über optische Ausbrüche von Zwergnovae, so dab diese Sterne während ihres Ausbruches, bei dem eine Verstärkung des Röntgenflusses zu erwarten war, zudem durch Satelliten beobachtet werden konnten. Das Ergebnis war die Entdeckung von weichen Röntgenpulsationen bei den Zwergnovae SS Cyg und U Gem. Es war der erste Empfang von weichen Röntgenpulsationen von astrophysikalischen Quellen überhaupt.

Halbregelmäßige

Neben den Eruptiven gehören auch sonstige Irreguläre und Halbregelmäbige zum grundsätz- lichen Programm der AAVSO. Da hier Einzelschätzungen zur Erstellung von Gemeinschafts- lichtkurven gesammelt werden, ist klar, dab dies bei Sternen mit nur relativ geringem, aber dennoch gut beobachtbarem Lichtwechsel von nur 1-2 Größenklassen nicht zu so deutlich definierten Lichtkurven führt, wie man sie bei Mirasternen erhält.

Das Interesse der AAVSO an Halbregelmäbigen ist für den Aubenstehenden als nicht grob einzuschätzen, wohl weniger wegen der Schwierigkeit der Gemeinschaftslichtkurven, sondern eher wegen des Hauptaugenmerks auf Mirasterne. Wie dem auch sei, es ist festzustellen, dab es AAVSO Karten nur für sehr wenige Halbregelmäbige gibt. Wenn keine Karten vorhanden sind, ist auch die Beobachtung recht dünn. Ggf. kann nur auf den AAVSO Atlas zurückge- griffen werden z.B. bei UX und RY Dra.

In diesem Bereich hat die BAV ein seit Jahrzehnten bestehendes Programm von 18 hellen Sternen, für die lange Beobachtungsreihen auch für Sterne ohne AAVSO Karten vorliegen. Eine überarbeitende Betrachtung von B. Hassforther (Rbf. 48, 37 ff.) zeigt am Beispiel von TX Dra nicht nur den Lichtwechsel in einer Periode von ca. 78 Tagen, sondern auch den Abfall der gesamten Helligkeit um rund 0.5 mag in ca. 400 Tagen. Das ist eine interessante Entwicklung, die den Sinn der Beobachtung über längere Zeit unterstreicht.

RV Tauri Sterne

In dem genannten Artikel entwickelt B. Hassforther interessante Aktivitäten über die im BAV Programm Halbregelmäbiger vorhandenen wenigen RV Tauri-Sterne hinaus, deren wissen- schaftliche Bedeutung er abstützt aufgrund der recht kurzen Zeit der Sternentwicklung in dieser Phase der Veränderlichkeit und durch den Zuspruch der interessierten Fachastronomen.

Der Gesamtbereich der halbwegs bekannten RV Tauri-Sterne umfabt neben den etwa fünf Exemplaren über 10 mag natürlich auch schwächere Sterne. Er findet, dab die Sterne interesant sind für Anfänger und Fortgeschrittene, für Feldstecher und Dobsonier, CCD Freunde und PC Freaks und auch Schreibtischastronomen für Berechnungen.

Dies gilt gesamthaft eigentlich für alle Veränderlichen und zeigt nochmals den Sinn der Veränderlichenbeobachtung durch Amateure auf.

Werner Braune

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