Rundbrief 3/2000

Einige allgemeine Beobachtungshinweise am Beispiel visueller Beobachtungen des hellen RR Lyrae-Sterns SW And

SW And ist nach dem Namensgeber RR Lyrae als Feldstecherstern wie einige andere RR Lyraes des BAV-Standardprogramms nicht mehr so hell mit V -Helligkeitsangaben von 10.m09 bis 9.m14 im Maximum. Er steht nicht in der Milchstrabe wie XZ Cygni. Die Vergleichsterne sind wie bei anderen RR Lyraes im Pegasus oder im Draco in einem Gesichtfeld von einem halben Grad gut dabei. Er läbt sich auch mit einer CCD-Kamera beobachten, wie sie Herr Achterberg ausgeführt hat, zumal er für das Maximum einen in der Nähe befindlichen Vergleichsstern hatte.

Weshalb ich über meine Beobachtungen an diesem Stern berichte, liegt an seinem für mich eigentümlichen Verhalten. Wenn man von RR Lyrae-Sternen gemeinhin erwartet, dass diese einen schnellen Anstieg und baldigen Abfall der Helligkeit erwarten lassen, richtet man sich bei der Beobachtung nicht auf viel Zeit ein. Zwei oder drei Stunden sollten reichen, wenn der Stern pünktlich kommt.

So war meine erste Beobachtung Ende Juli 1999 seit jahrelanger Pause als Beobachter die eines Anfängers, wenn auch mit grundsätzlichen Erfahrungen. Dabei kam innerhalb von weniger als 2 Stunden ein Maximum heraus, das sogar im Anstieg etwas steiler war als im Abstieg; aber es ging alles sehr gemächlich vonstatten, was einem RR Lyrae-Stern eigentlich nicht immer entspricht. Dabei war die Amplitude mit vier Stufen auch nicht ganz toll. (Abb. 1).

CCD-Beobachtung eines normalen Maximums von SW And

B-R-Diagramm von SW And.

Die unterschiedlichen Symbole stellen die verschiedenen Beobachtungsverfahren dar.

Abbildung 1: SW And-Beobachtungen mit zwei Vergleichsternen aus dem unmittel-        baren Umfeld

Bei der Durchsicht der von Joachim Hübscher angeforderten Lichtkurvenblätter aus der BAV-Sammlung finde ich mich dabei grundsätzlich in guter Gesellschaft: Meist ist der Stern in solch einem kurzen Zeitraum wirklich wenig veränderlich. Allerdings hatten andere visuelle Beobachter mehr Amplitude als ich!

Hier ergab die Nachschau anlässlich dieses Vortrags in meinen Beobachtungs- unterlagen, dass ich einen recht schwachen, in der Nähe befindlichen Stern als Vergleichstern benutzte. Und meine Stufe war nach langer Pause noch sehr grob! Ich konnte, wie Anfänger auch, kleinste Helligkeitsunterschiede nicht richtig beurteilen.

Bei weiteren Beobachtungen hatte ich, wegen des früheren Beginns oder wie auch immer, einen weiteren schwachen Stern dazwischen gesetzt und damit deutlich mehr Amplitude erzielt! Man muss also immer im Gesichtsfeld wirklich nach Vergleichsternen suchen, die der Helligkeit des Veränderlichen im Beobachtungsmonent sehr nahe kommen und darf nicht einfach so im Umfeld einmal loslegen und mit den in der unmittelbaren Nähe vorhandenen Vergleichsternen zufrieden sein, auch wenn man jeweils einen helleren und einen schwächeren Vergleichsstern zur Argelandermethode findet!

In den folgenden Abbildungen 2 und 3 bei weiteren Beobachtungen ist nun B zu C geworden mit deutlich mehr Amplitude in der Lichtkurve. Was für die Abbildung 1 leicht zu sehen ist, wenn man einmal das Ergebnis gedanklich auf B = C entzerrt. Hiermit habe ich ein Beispiel für unsere visuellen Anfänger im ersten Umgang mit der Argelandermethode selbst in Reinkultur produziert und zugleich die Lösung für besse- re Beobachtungen geliefert.

Die mir Anfang September gelungenen zwei weiteren Maxima hatten den Vorteil des etwas früheren Beobachtungsbeginns und des weiteren Vergleichsterns mit einem

schnellen Anstieg der Helligkeit, nur im Maximum verlief alles sehr langsam, wenn nun auch aus anderen Gründen.

Meine inzwischen wieder erhaltene Beobachtungsübung fand die Beobachtungspunkte gut zur genauen Auswertung nach diesen Schätzungen. Zumal die Lichtkurve vom 1.9. sehr streuungslos verlief, wertete ich danach auch aus und kam auf ein Doppelmaximum mit einer ersten sehr hellen Spitze als Maximum und danach zu einer nicht so hohen Spitze mit dann folgendem Abstieg. Mit einer Verfrühung von über 1/2 Stunden wurde nach der hellsten Beobachtung ausgewertet, weil alles so eindeutig aussah (Abb. 2).

Am 5.9. rund 7 oder 8 Epochen später war das Maximum wieder flach, allerdings, wenn man den jetzt witterungsbedingt (klumpiger Dunst lt. Beobachtungsangabe!) mehr streuenden Schätzungen nachgeht, lag eine Stufe vor dem Maximum vor. Also möglicherweise ein wandernder Buckel in der Lichtkurve des RR Lyrae-Sterns (Blazhko-Effekt)? (Abb. 3).

Was machen wir daraus?

Man muss bei visuellen Beobachtungen nicht zu viel auf deren Güte geben: Nach Argelander sind zwei Stufen eine nur eben deutlich erkennbare Abweichungung der Helligkeit. Also eine Gröbenordnung von rd. 0,m2! Diesen Hinweis gebe ich für Beobachter, die etwas Umgang mit dem Schätzen nach vorgegebenen Helligkeiten haben. Über Schätzungsprobleme mit schlechten Vergleichsternen hatten wir bereits gesprochen (Abb.1). Im Dargestellten ist zu sehen, dass aktuelle Beobachtungsübung bessere Ergebnisse bringt.

Im Ansatz erkennbar ist bei den beiden Lichtkurven das Problem einer richtigen Auswertung:

Diese Frage kann recht leicht gelöst werden. Legt man in die Beobachtungen der Abb.2 eine, den Schätzungen in ihrer Güte übliche ausgleichende Lichtkurve (gestrichelte Linie), so kommt man auf ein Ergebnis ohne B-R ! Der Beobachter wird das nicht als richtig empfinden, weil die Beobachtungen nicht streuen und das Wetter gut war. Das Ergebnis entspräche einer sinnvollen Auswertung visueller Beobach- tungen dennoch.

In Abb. 3 sind von mir wegen der Streuung der Schätzwerte bereits übliche Auswertungsformen eingebracht worden, die aus dem Bereich der MIrasterne stammen: Pogson wertet grundsätzlich nach den An- und Abstiegen den Zeitpunkt des Maximums aus. Er käme hier auf etwas frühere Zeiten, die dem dargestellten Maximum keinen Abbruch täten; denn ob das Maximum wegen eines Punktes wirklich später liegt, dass kann nach Prüfung selbst der Beobachter nicht mehr sagen. Auch ich nicht, weil ich mich bei meiner angegebenen Bemerkung hinsichtlich Pogsons gar nicht mit der einzelnen Schätzung beschäftigt habe und auch im Nachhinein dazu nichts finde.

Insgesamt haben unsere Sektionsleiter bei der Beurteilung solcher eingehenden Auswertungen sicher ihre Mühe, hier das Richtige zur Veröffentlichung geeignete Ergebnis zu bestimmen. Denn es ist ihr Job, hierbei die Sektion "Auswertung und Publikation" zu unterstützen. Ggf. muss mit dem Beobachter Rücksprache genommen werden, bzw. es wird einfach korrigierend eingegriffen mit einer neuen Zeitangabe für die Auswertung.

Weil ich mir etwas unklar war über die Einordnung meiner Beobachtungen. hatte ich Michael Dahm als Sektionsleiter "RR Lyrae-Sterne" gebeten, mir die B-R-Kurve von SW And zu senden. Aus dieser sind aktuell keine erheblichen Abweichungen zu erkennen. Eine Abweichung von über 1/2 Stunden oder 0,d02 passt aber in das Bild üblicher Schwankungen, nur es gibt keine dichte Beobachtungsfolge mit genaueren Ergebnissen, um einen Blashko-Effekt zu bestätigen.

Meinen Ausflug in den Bereich Doppelmaxima und leicht erkennbaren Blazhko-Effekt können nur genauere Beobachtungen in der gesamten Lichtkurve oder zufällig wieder im Maximum abstützen. Wenn man sich aber das B-R-Diagramm gesamthaft anschaut, ist SW And ein Stern mit langfristiger Periodenänderung, deren weiterer Verlauf ebenso verfolgt werden sollte: Eine bald eintretende Periodenverkürzung deutet sich an.

Die erwähnte CCD-Beobachtung und das B-R-Diagramm sind nachfolgend dargestellt.

Werner Braune

In der Diskussion wurden die aufgeworfenen Fragen der Auswertung aufgenommen und der Sektionsleiter angeregt, ggf. klärend in der Fachwelt nach dort üblichen Auswertungslösungen (Pogson bei RR Lyrae-Sternen ?) zu forschen.

Abbildung 2: SW And mit breitem Maximum (Doppelmaximum)

Abbildung 3: SW And mit breitem Maximum (Stufe vor dem Maximum?)

Rundbrief 3/2000