Rundbrief Verzeichnis

Meine persönlichen Visionen und die Realitäten zukünftiger BAV-Arbeit

 

Unsere Fachastronomen in der BAV und die anderen im Rundbrief 3/2001, S. 131 ff. angesprochenen BAVer haben auf die im Sommer 2001 geforderte Diskussion über "Neue Beobachterische Themen und Ziele der BAV" bisher leider nichts geäußert.

Um die Diskussion wieder aufzunehmen, will ich meine Überlegungen zu Zukunftsperspektiven der BAV-Arbeit in einer Gesamtschau darstellen.

Technische Entwicklungen

Deutlich erkennbar ist der zunehmende Fortschritt in der technischen Ausrüstung der Amateure und die Möglichkeit, CCD und Datenverarbeitung verstärkt in die Veränderlichenbeobachtung einzubringen. Hiermit verbunden ist der technische Automatisierungsgrad der Amateurgeräte, die nicht nur gut nachführen, sondern auch Filterwechsel per DV-Programm vornehmen. So ist die Messung in unterschiedlichen Farbbereichen möglich mit zusätz- lichem Informationsgehalt für wissenschaftliche Arbeiten..

Technik zur Ansteuerung unterschiedlicher Bereiche am gesamten Himmel im automatisch betriebenen Rhythmus dürfte seitens der Amateure bereits möglich sein. Und einen Chip mit größerem Abbildungsfeld der CCD-Kamera sollte die Industrie zu erschwinglichen Kosten wohl möglich machen. So wäre auch im Bereich hellerer Sterne mit den größeren Abständen zu den Vergleichssternen die CCD-Kamera ohne Umrüstung einsatzfähiger. Dass mit einem Wechsel der Kamera-Objektive bereits mehr Umfeld erreicht wird, ist bekannt.

Diese Perspektiven behindern nicht den schon heute kultivierten Ansatz zur Entdeckung neuer Veränderlicher und deren Typenbestimmung durch den gezielten Einsatz interessierter Amateure im Rahmen der BAV und mit internationaler Beteiligung.

Nicht allein die CCD ist die Zukunft

Bei dieser Arbeit geht es nicht allein um CCD. Auch im Umfeld von Neuentdeckungen kann sowohl der visuell beobachtende Amateur als auch der im Umgang mit Plattensammlungen tätige BAVer Wesentliches zur Aufhellung des Helligkeitsverhaltens Veränderlicher beitragen. Kooperation und Ideenweitergabe ist aber unbedingt erforderlich und besser zu entwickeln.

Auch ohne eigenen Beobachtungshimmel kann der Interessierte mit Hilfe von Himmelsaufnahmen am eigenen PC im Internet mit STARDIAL-Aufnahmen sowohl bekannte Sterne beobachten als auch nach dem Lichtwechsel bisher unerkannter Veränderlicher forschen. Software hierfür gibt es zu erschwing- lichen Preisen.

Mit einer neuen BAV-Einführung in die Veränderlichenbeobachtung sind diese Möglichkeiten erschlossen, zumal ein sehr ausführliches Kapitel sich mit der CCD-Fotometrie beschäftigt.

 

Gewinnung von Veränderlichenbeobachtern an der Basis

Mit dem Hinweis, auch ein Entdecker eines Veränderlichen sein zu können, kann man Veränderlichenbeobachter sicher stärker gewinnen und motivieren. Man muss aber mit allen Mitteln nicht nur publizistischer Art an den Amateur herankommen, der beobachtet bzw. wirklich am Sternhimmel tätig sein will. Hier sind alle BAVer aufgefordert, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, die Mitwirkung bei Beobachtungen anzubieten. Einmal etwas das eigenen Programm zurückzustecken, um Zeit zum Erklären und Mittun anzubieten, bei klarem Himmel anzurufen und sich auf Belange anderer einzustellen, damit sie selbständig und eigen-initiativ werden können. Das gilt vor allem für neue BAVer im örtlichen Umkreis oder an Volkssternwarten. Vorträge nutzen wenig, man muss am Himmel mit dabei sein., Dabei einfach einmal an die eigenen Anfänge denken ggf. noch ohne CCD!

Die VdS bietet nicht nur ein schriftliches Forum für interessierte, beobachterisch orientierte Amateure. Mit ihren astronomischen Jugendlagern bietet sie perspektivische Möglichkeiten. Hier muss man hin und sich im gegebenen Umfeld orientieren und gestaltend mitwirken. Also nicht nur im VdSJ oder in SuW (hier findet man zwar ein breiteres Publikum; aber erkennbar mit mehr theoretischem Einschlag).

Die Perspektiven der Zusammenarbeit sind mit der VdS zu suchen, auch mal wieder andere Arten der Amateurbeobachtung mitmachen. Nach dem Motto, natürlich auch Planeten, daneben auch Veränderliche. Wieder weg vom Spezialistentum. Jedenfalls im ersten Ansatz. Denn wenn ein Neuling das Aufsuchen begriffen hat und Helligkeitsveränderungen sieht, ist er der gemachte Mann/Frau für unsere Veränderlichenarbeit.

 

Zusammenarbeit mit anderen Beobachtungsgebieten

So kann sich auch die Zusammenarbeit mit anderen Fachgruppen der VdS fruchtbar gestalten, die direkteren Zusammenhang zu Veränderlichen hat als man denkt: Die Spektroskopie ist meist nur sinnvoll an Objekten, bei denen sich etwas tut. Und das sind nun einmal die Veränderlichen. Dabei hilft man als Beobachter nicht nur mit, sondern animiert ggf. auch den Spektroskopiker zur Helligkeitsschätzung oder zum Einsatz seiner CCD in diesem Bereich. Da ja meist ein bis zwei Spektren am Abend genügen stellt sich ggf. die Frage "und was beobachtet man dann?"

Mir ist bisher nicht ganz klar geworden, warum ein Spektroskopiker nicht die parallele Helligkeitsschätzung selbst macht. Aber das ist vielleicht das gleiche Gefühl des fehlenden Umgangs mit den Dingen außerhalb des direkten Tätigkeitsfeldes als Spezialist mit Randbereichen, das wir auch bei Fragen nach Helligkeitsvergleichen von Kometen- und Kleinplaneten- beobachtern kennen. Es fehlen Möglichkeiten und Erfahrungen. Wir können helfen, wenn wir in unserer Zuwendung für andere etwas flexibler werden.

Einbringung von neuen Beobachtern in die BAV

In einer Gemeinschaft wie der BAV, die zwar einen festen organisatorischen und für die Beobachtung vorzüglichen Rahmen an Programmsternen, Karten und Vorhersagen hat, ist es immer am besten gelaufen mit Initiativen und Entwicklungen, wenn man die BAVer hat machen lassen.

Die Größe der Gemeinschaft gibt viel Raum. Auf Feinheiten der Zusammen- arbeit muss aber besonders geachtet werden. Eingespielte Üblichkeiten und Kommunikationswege sind nicht unantastbar, sie müssen neuen Ideen und Notwendigkeiten offen sein.

Besondere Hinwendung ist dabei vor allem nötig, um einem neuen Beobachter seine persönliche Zielrichtung der Mitwirkung zu geben, um sich im Gewirr der vielen Möglichkeiten zurecht zu finden. Hier gibt es einen Mangel, der schwer in den Griff zu bekommen ist. Eigentlich ist klar, dass man sich mit allen Fragen immer erst einmal an die BAV Anschrift wendet. Gerade bei Anfängern ist dies eine sehr wesentliche Aufgabe. Bei der weiteren Fortentwicklung des Einzelnen können wir uns dann auf die Wirkung der Gemeinschaft mit ihren Angeboten einigermaßen verlassen, müssen aber darauf achten, dass Übersichtlichkeit und Kooperations- möglichkeiten gegeben sind.

Helden der individuellen Beobachtung haben wir viele und dabei kommt das eigentliche Programm grundsätzlich nicht zu kurz, weil eben die Darstellung dessen, was gemacht wird zum Mitwirken anregt. Dabei kommt jeder zu seinem Recht und beobachtet wird wirklich viel und im ausgewogenen Rahmen der Vielseitigkeit der BAV. Wenn man Einzelne ggf. gezielt einsetzen will, muss man - gewusst wie - diese persönlich ansprechen, um ggf, spezielle Programme oder Aktionen voranzubringen. Bei erkennbarem, gut vermitteltem Sinn ist Mitwirkung angezeigt, auch wenn sie auf Kosten der eigenen üblichen Beobachtungen geht. Mitunter dauert die Umstellung/ Umstimmung auch etwas länger...

Spezielle BAV-Programme

Neben der Beobachtung von Sternen mit Apsidendrehung liegt eine weitere spezielle Programmatik in der Verfolgung des Lichtwechsels schwächerer RV-Tauri-Sterne. Dies ist eine entwicklungsfähiges Gebiet mit internatio- nalem fachastronomischen Interesse. Nach dem Verfahren: "Steter Tropfen höhlt den Stein" sind hier mehr und mehr Beobachter mit dabei, die sonst visuell Mira-Sterne und Halbregelmäßige beobachten. Mit dem instru- mentellen Zuwachs an Dobson-Instrumenten sind auch schwächere Sterne erreichbar. Das wird sich bei visuellen Beobachtern in ihrer Hinwendung zu schwächeren Helligkeiten noch verstärkt zeigen. Man muss bei so einem Übergang einfach sehen, dass der Beobachter nicht gleich abrupt seine bisherigen Sterne streicht und andere aufnimmt. Als beobachtender Mensch möchte er doch einerseits seine bisherigen Veränderlichen weiter beobachten und doch auch neue. Wenn er das nicht schafft, dauert die Umstellung eben länger.

Diese Instrumentierung hat auch im Bereich der Eruptiven zu wesentlichen Fortschritten bei der Beobachtung schwächerer Veränderlicher geführt, so dass hier auch auf einige weniger stark beobachtete Sterne hingewiesen und und ggf, erfolgreich weiter ausweitend beobachtet werden kann. Das geht für die BAVer alleine allerdings kaum, hier ist zur Ausfüllung von Lücken stärker auf die internationale Zusammenarbeit zu setzen, die zumeist über das VSNET geht.

Internationale Zusammenarbeit

In Bereich internationaler Zusammenarbeit ist die mit der AFOEV sehr gut und weiter ausbaufähig, was die bestehende Kommunikation belegt und schon in der technischen DV-Zusammenarbeit dokumentiert ist. Diese läuft in deutsch. Die AAVSO ist weltweit und aus Tradition unsere generelle Zuarbeitsstelle. Mit wenig Zugänglichkeit auf Amateuranfragen haben die Amerikaner einen schlechten Ruf: Weil nicht geantwortet wird, wird auch nicht mehr gefragt. Erst neuere Tests werden zeigen, ob der bestrebten Mitarbeit in Europa ein Kooperationswille zugrunde liegt oder nur ein Streben nach Dominanz ohne Gegenleistungen. Denn eigentlich ist die AAVSO dank ihrer finanziellen und personellen Ausstattung geeignet, mehr zu leisten. Man muss die weitere Entwicklung verfolgen. Die europäische Einigung könnte hier die eigene Zusammenarbeit in Europa stärken mit Auswirkungen auf das Verhalten der AAVSO.

Mir liegt Europa sehr am Herzen, aber es geht nicht im schnellen Schritt zu meiner Vision einer europäischen Veränderlichenformation. Als Amateure in Vereinigungen ohne über den eigenen Bereich hinausreichende Ressourcen an Kräften und Mitteln der Verwaltung und Kommunikation von Veränder- lichenbeobachtungen haben wir ein z.Z. unlösbares Problem. Diese Ressourcen müssen aber vorhanden sein, um mehr zu erreichen.

Wir haben in Europa diesen Nachteil zur AAVSO, die einen Fonds und fest angestellte Mitarbeiter hat.

Andere Wege im Bereich Kurzperiodischer

Daneben sollte unser Streben in unseren Beobachtungsbereichen Kurz- periodischer auf die engere Zusammenarbeit mit der BBSAG (Schweiz), CAS, Brno (Tschechin) und Krakau sowie GEOS in Frankreich gerichtet sein, wobei die schon bestehenden Kontakte unbedingt auszubauen wären.

Aus der bestehenden Kommunikation im Beobachtungsbereich sollte hier im ersten Ansatz zumindest mehr Kontakt und beobachterisch Gemeinsames erzielt werden als durch den stetigen Literaturaustausch.

In Sonneberg zeigte z.B. Dr. Zejda, Brünn gute Kenntnisse zu unserer Moschner-Homepage und die BBSAG ist dort auch gut dabei, insgesamt also unbedingt auszubauen.

Eine gemeinschaftliche Veröffentlichung der Ergebnisse sollte angestrebt werden. Ein derartiges Projekt setzt neben der Erkundung des gegen- seitigen Interesses und Willens zur Konsens-Fähigkeit als Vorklärung die allgemeinen und organisatorischen Rahmen-Kenntnis voraus. Als erster Schritt böte sich die Zusammenarbeit zu IBVS-Veröffentlichungen an. Die personellen Ressourcen der BAV hierzu muss man ins Kalkül einbeziehen. Sie sind verdammt knapp.

Werner Braune

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