Rundbrief Verzeichnis

Überlegungen zur Zukunft der BAV

Angeregt durch die Sinn- und Selbstfindungsdiskussionen in den letzten BAV-Rundbriefen (Braune 2001, Braune und Hübscher 2001, Braune 2002, Hübscher 2001) und vorangehend in der BAV-Mailinglist (s. Zusammenfassung in Bannuscher 2002) möchte ich im folgenden einige Gedanken zur BAV-Arbeit zur Diskussion stellen, die mir schon seit längerer Zeit durch den Kopf gehen. Ich bin mir bewusst, mit einigen Einschätzungen und Anregungen möglicherweise Widerspruch zu ernten und weitere Diskussionen auszulösen, aber das ist ja wohl der Sinn solcher Beiträge. Keinesfalls betrachte man dies als Forderung oder Erwartung, schließlich sind alle Mitglieder aus freien Stücken bei der BAV, und jeder soll (im Rahmen der Satzung) tun und lassen dürfen, was ihm/ihr Spaß macht.

Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, beide Seiten -- Amateuraktivitäten und Profiinteressen -- ausgewogen zu beleuchten, und ich bilde mir ein, das auch relativ gut einschätzen zu können, da ich einerseits als Amateur zum Fach gekommen bin und andererseits dort etwas ins wissenschaftliche Treiben habe hineinschnuppern können.

Einschränkend möchte ich zu bedenken geben, als Sonneberger möglicherweise eine etwas andere Sicht auf die Veränderlichen zu haben als sie derzeit in der Fachwelt reflektiert wird. Die Astrophysik hat sich inzwischen weit vom reinen Phänomen "Veränderlichkeit" wegbewegt hin zu möglichst physikalischer Erklärung und Modellierung der vielgestaltigen Ursachen der Variabilität als Ausdruck zumeist stellarer Entwicklungsprozesse. Dennoch scheint mir die Klammer, die mit dem Begriff "Veränderliche" gegeben ist, für Sonneberg im speziellen (das aber nur nebenbei) und für die BAV im allgemeinen sehr wichtig zu sein: Dadurch definiert sich unser Handlungsfeld: Einerseits die Veränderlichen Sterne als astronomisch interessante Objekte (die man mit verschiedenen Methoden erforschen kann: photometrisch, spektroskopisch, radioastronomisch etc.) und andererseits das weit umfangreicher einsetzbare Mittel Photometrie, das wir nun mal gut beherrschen (für z.B. Quasar-Variabilität, Astroiden-Lichtwechsel, optische Gegenstücke von Gamma-Ray-Burst, Extrasolare Planeten, etc.).

Bevor ich zu den Details komme, möchte ich betonen, dass -- bei aller möglicher Kritik und diverser Änderungswünsche -- ich die Arbeit des BAV-Vorstands für sehr effektiv halte und ihm deshalb Dank gebührt. Ich habe den Eindruck, dass viele Dinge "von selbst" laufen (und daher kaum wahrgenommen werden), weil ein effizientes System aufgebaut worden ist, mit dem die alltäglichen Arbeiten (Beobachtungen sammeln, werten, listen, abheften, publizieren; Rundbriefe erstellen, Autoren anschreiben, Texte redigieren, drucken, binden, verschicken; Kontakt halten, aufnehmen; Neulinge anleiten, integrieren, motivieren; Programme ausdenken, formulieren; Literatur sichten, kopieren, einordnen; Bibliothek betreuen, Bücher ausleihen; Tagungen organisieren; Geld auftreiben, verwalten, Mitgliedsbeiträge einsammeln, anmahnen; BAV vorstellen, vertreten; etc. etc.) sehr gut erledigt werden! DAS muss erst einmal jemand hinbekommen -- und auch im Zeitalter von E-Mail und Co. erledigt sich das gewiss nicht auf mouse-click.

1 Organisatorisches

1.1 Mitglieder

1.1.1 Wer und warum

Jede/r, die/der Spaß an der Beobachtung und/oder dem Gegenstand Veränderlicher Sterne hat und sich mit der Satzung der BAV einverstanden erklärt, kann Mitglied der BAV werden. Dieser Aspekt des Interesses für die Sache und der Freude an der eigenen Tätigkeit in der Gruppe sollte zu allererst im Vordergrund stehen.

WAS dabei gemacht wird, ist zunächst zweitrangig. Üblicherweise kommt aber schnell ein zweites Motiv hinzu: möglichst wissenschaftlich verwertbare Beobachtungen und Ergebnisse zu erzielen. Wer diesen Ehrgeiz in sich spürt und möchte, dass die eigenen Daten und Resultate auch Beachtung finden, der muss sich freilich damit abfinden, dass es gewisse Spielregeln für die wissenschaftliche Beobachtung und Auswertung gibt. Ansonsten wird es halbseidener Unsinn oder Pseudowissenschaft. (Um es zu übertreiben: Wer will, kann auch die Helligkeit z.B. des Polarsterns mit einer fernen Straßenlaterne vergleichen und seine Beobachtungen ins Internet stellen. -- Mit Wissenschaft wird das dann allerdings nichts zu tun haben.)

Mein Eindruck ist, dass der eigene Beitrag zur Wissenschaft für einen nicht geringen Prozentsatz der Mitglieder ein (stark) motivierendes Element darstellt und ich denke, dass das auch für neue/junge Mitglieder anziehend ist. Einzigartige Beobachtungsergebnisse und ihre Veröffentlichungen sprechen für sich und sind ein wichtiges Aushängeschild der BAV.

In diesem Sinne sehe ich die BAV als strukturiertes Sammelbecken für Gleichgesinnte auf deutschsprachigem Gebiet. Und das letzte scheint mir wichtig: Nicht jeder ist des Englischen (ausreichend) mächtig und nicht jedem fällt es daher leicht, sich international zu artikulieren und Kontakte zu knüpfen. Auch die geografische Nähe spielt eine Rolle -- man kann sich ohne großen Aufwand persönlich treffen. (Wer von den AAVSO-Mitgliedern in der BAV fährt eigentlich regelmäßig nach Cambridge?) Also, ganz ohne Deutschtümelei und Nationalismus: Wir sprechen nun mal alle Deutsch und diesen Kommunikationsvorteil sollten wir uns (hier lokal) einfach zunutze machen.

1.1.2 Neue (junge) Mitglieder

Die BAV klagt über fehlende junge Mitglieder. Eine Ursachenanalyse fällt mir schwer und ist wohl auch sehr komplex (allgemeine Interessen und Betätigungsfelder der heutigen Jugend; z.T. kein Astronomieunterricht; (fehlende?) Attraktivität der BAV; etc.).

Meiner Ansicht nach sollte man die Jugend dort abholen, wo sie sich zumeist aufhält: in der Schule und am Computer. Z.B. gibt es seit wenigen Jahren Praktika und Seminarfacharbeiten zum Unterricht in den höheren Klassen. (Dieser Umstand beschert der Sternwarte Sonneberg einen ständig ansteigenden, erfreulichen -- aber auch betreuungsintensiven -- Zustrom von Schülern aus dem thüringisch-fränkischen Umfeld, die dann z.B. im Photoplattenarchiv einen Veränderlichen schätzen.) Größtenteils müssen sich die Schüler die Institutionen für ihr Praktikum selbst suchen, weswegen sich manche Möglichkeiten erst über Jahre hinweg herumsprechen. Aber hier suchen die Schüler einerseits sie möglicherweise interessierende Betätigungsfelder, andererseits kann man ihnen attraktive Themen vorschlagen oder sie mit Aufgaben konfrontieren, auf die sie allein nie gekommen wären.

Natürlich wickeln die weitaus meisten Schüler diese Seminarfacharbeit formal ab und sind nach den ein oder zwei Wochen auf Nimmerwiedersehen verschwunden, aber einige kommen wieder, und diese sind dann schon mal potentielle Kandidaten für eine ausdauerndere Ferienarbeit, in der in drei bis vier Wochen ein Stern ausführlicher beobachtet und untersucht werden konnte. Wer dann immer noch wiederkommt, dem könnte man den Kontakt zur BAV empfehlen.

Auch sind die im Rundbrief schon diskutierten astronomischen Jugendlager ein idealer Fischgrund für Mitglieder-Beutezüge und sollte keinesfalls vernachlässigt werden, aber dort hat die "Vorauswahl für Astronomie" schon stattgefunden, und die "Fische" haben nun die Qual der Wahl zwischen den glänzenden dicken Schöne-Bilder-Würmern oder den über der Wasseroberfläche schwirrenden, schwerer erreichbaren Spezial-Ausdauer-Fliegen. Hier tritt die BAV letztendlich in direkte Konkurrenz zu anderen VdS-Fachgruppen.

Neue Mitglieder aus der Computer-Gemeinde zu rekrutieren, scheint mir ebenfalls lukrativ. Damit meine ich, an solche Jugendliche heranzutreten, die den Computer nicht nur als Spielkonsole ansehen, sondern aktiv z.B. Programme schreiben, Webseiten basteln, eine permanente Webcam ins Netz stellen oder Roboter bauen. Hier ist der Draht fürs Technische schon da, und oft ist dies verknüpft mit naturwissenschaftlicher Interessiertheit. Computer-relevante Themen gibt es genug in der Astronomie und bei den Veränderlichen sowieso.

1.2 BAV-Meetings

Die BAV trifft sich in zweijährigem Rhythmus zur "Vollversammlung". Es wäre wert darüber nachzudenken, ob man es dabei belassen sollte oder nicht auf Jahresrhythmus übergeht. Denkbar wäre auch, im Wechsel reine BAV-Tagungen und kombinierte Tagungen zu organisieren, in denen man sich mit anderen VdS-Fachgruppen arrangiert, z.B. mit den Kleinplaneten-, Kometen-, Sonnen-, Galaxien-Gruppen. Ich bin überzeugt, dass so etwas für die Teilnehmer beider Gruppen befruchtend und interessant wäre.

Denkbar wäre auch, in den jeweils tagungsfreien Jahren eine regelmäßige themenspezifische Tagung zu organisieren, wie etwa die CCD-Tagung im Herbst 2001 in Sonneberg (Bernhard 2001). Themen sollten sich genügend finden: "CCD-Technik", "Auswertung von Beobachtungen", "Grundlagen und Anwendung von Statistischen Methoden", "Veränderlichen-Typologie und Physik", "Umgang mit Internet-Daten", "Photometrie", etc.

Die regionalen Treffen (z.B. Hartha, Hamburg) sind sehr wichtig, da es Mitglieder gibt, die wegen der Reiseaufwendungen nicht immer zu den großen BAV-Tagungen reisen können.

1.3 Internetpräsenz und Datenbank

Die Klage vieler BAV-Mitglieder und vor allem wohl auch des Vorstands, die BAV sei international nicht genug repräsentiert, rührt meiner Ansicht nach in nicht geringem Maße von ihrer mangelnden Internet-Präsenz her. Damit meine ich nicht die sehr engagiert gestaltete BAV-Homepage von Thorsten Lange (www.thola.de/bav.html). Diese Seiten sind ein Service für BAV-Mitglieder und als Informationsquelle für Neugierige von außerhalb gestaltet.

Die BAV kann auf internationalem Parkett nur dann mitreden, und sie wird nur dann wahrgenommen, wenn die Darstellung ihrer Aktivitäten und ihrer Ergebnisse auch für nicht-deutschsprachige Konsumenten (also in Englisch) im Internet aufbereitet ist. Dazu gehört die Abrufmöglichkeit aller (zunächst der neuesten) Beobachtungen. Natürlich werden diese auch (z.T. oder komplett) zur AAVSO bzw. zur AFEOV gesandt (und gehen dort -- als BAV-Beitrag -- unter); natürlich bleibt die Zuordnung zum Beobachter, und der ist -- zufällig -- BAV-Mitglied, was aber weiter keine Rolle spielt. Die AAVSO kann es sich leisten, Beobachtungen nur auf Anfrage herauszugeben. Dazu sind sie einfach groß und etabliert genug. Das VSNET könnte dies nicht; und nur die Transparenz von VSNET, dass nämlich alle eingesandten Beobachtungen bei Bedarf weitergeleitet und auf jeden Fall abrufbar gesammelt werden, verhalf ihm zur gegenwärtigen Akzeptanz. (Obwohl seit einigen Monaten die Verzweigung der Mailing-Listen derart unübersichtlich geworden ist, dass VSNET schon wieder kontraproduktiv ist; vor allem durch die Politik, Mailing-Mitgliedern ungefragt mit neue Mailing-Listen zuzuschütten, von denen man sich erst selbst befreien muss.)

Mein Vorschlag ist deshalb, die Datenflüsse in der BAV so umzuleiten oder anzupassen, dass ein Output-Kanal eine Homepage ist, von der alle BAV-Beobachtungen, Zwischenergebnisse und Endergebnisse abgerufen werden können. Natürlich ist dies hier und da Doppelarbeit, und man muss sich die Frage stellen, ob dies letztendlich für den Gang der Wissenschaft entscheidend ist, ob ein Wissenschaftler die SS-Cygni-Daten von der BAV-Homepage lädt oder von der AVVSO. Doch für unser Selbstverständnis scheint es mir wichtig zu sein.

Klar, es ist aufwändig, eine ständig aktuelle Homepage zu pflegen. Aber auch hier gibt es vorprogrammierte Abhilfe durch Datenbanken, HTML-Formulare, Server Pages etc. So sollte es einen konzertierten Einmal-Aufwand geben, dies einzurichten, dann könnte die Sache (weitgehend) von allein laufen. -- Ich weiß, man braucht jemanden, der sich der Sache annimmt. (Man bedenke bitte dabei, dass es nicht nur Windows-Benutzer gibt.) Vielleicht wäre auch das ein Thema für einen echten Workshop, bei dem gleich Nägel mit Köpfen gemacht werden könnten.

In diese Datenbank könnte ebenso die Lichtenknecker-Datenbank einfließen. Und die Vorhersagen für Extrema, die Lichtkurven(blätter), Auswertungen, Statistiken, etc.

Für uns mit mehr Arbeit verbunden, aber unabdingbar, muss der Zugang zu den Daten sowohl deutschsprachig als auch englischsprachig sein. Ersteres für die Gewinnung neuer Mitglieder und die "innere Profilierung" im deutschsprachigen Raum, und letztes für die internationale Akzeptanz.

Sehr positiv ist bereits das Angebot verschiedener Artikel der BAV-Rundbriefe im Internet (www.thola.de/bav.html). Dies sollte ausgedehnt werden auf alle Artikel und rückwirkend auf alle BAV-Rundbriefe, Zirkulare, etc. (ggf. durch Scannen der Hefte). Ein Übersetzen ins Englische ist wohl nicht notwendig, aber zu diesem generellen Punkt komme ich noch im nächsten Abschnitt. Wünschenswert wäre dann auch eine Suchfunktion, mit der ich (zumindest in den Titeln) nach einem Stichwort suchen kann, um ältere Artikel zu einem bestimmten Thema schnell zur Hand zu haben.

1.4 Publikationen

Abgesehen vom Übergang von der Schreibmaschine zu einem Computerschriften-Mischmasch zeigt der BAV-Rundbrief seit 1957 im wesentlichen das gleiche Gesicht: Ein A5-Heftchen, seit Mitte 1963 mit einem Inhaltverzeichnis-Deckblatt versehen, in welchem in lockerer Folge Artikel, Mitteilungen und Hinweise aneinandergereiht sind.

Vielleicht ist es auch an der Zeit, darüber nachzudenken, das Haupt-Publikationsorgan der BAV umzugestalten. Natürlich soll es kein Boulevard-Blatt werden (wir hätten weder Geld noch Zeit noch Personen dafür), aber die äußere Form könnte anders gestaltet werden. Ob A5- oder A4-Format mag vielleicht müßig sein zu streiten, dass würde eher einem reinem Face-Lifting entsprechen. Ich denke eher, die Aufmachung der Beiträge sollte anders aussehen. Momentan senden die meisten Autoren kamerafertige Manuskripte im jeweils gefälligen Satz, Stil, Umbruch und Typographie ein, Werner Braune schneidet sie zurecht und versieht sie mit Seitennummern, und fertig ist das Heft. Zweifellos ein sehr effizientes Vorgehen und für Werner mit erträglichem Zeitaufwand durchführbar. Dennoch, dieses Sammelsurium verschiedener Schrifttypen und Zeilenabständen verleiht dem Rundbrief nicht gerade professionelle Eleganz und erinnert dann eher an eine Schülerzeitschrift (pardon für diese Überspitzung).

Auf der anderen Seite gefällt die nüchterne, schnörkellose Darstellung und sollte nicht komplett über den Haufen geworfen werden.

Um einen konkreten Vorschlag zu machen: Die Artikel sollten durchweg in einem einheitlichen Stil präsentiert werden. Dazu vereinbart man entweder (einfache) Richtlinien für die Autoren oder die (elektronisch) abgefassten Artikel müssen durch den Herausgeber (oder eine technisch versierte Person) auf einheitlichen Stil gebracht werden. Es braucht ja nicht so perfekt zu sein wie im Journal der AAVSO (die ausreichend Ressourcen hat), aber so in diese Richtung. Unbedingt gehört ein englischsprachiges Abstract (in dem auch wirklich das Essentielle zusammengefasst ist) zu jedem Artikel. Ich denke, es gibt genügend Mitglieder der BAV, die hier sprachlich helfend zur Seite stehen würden; vielleicht kann man den "abstract Dienst" reihum gehen lassen? Ebenso sollte die Gestaltung Titel-Autor(en)-Text einheitlich sein. Der Autor einer Arbeit muss am Anfang stehen und nicht versteckt irgendwo am Ende.

Die Literatur-Sichtung ist sehr nützlich und informativ; vielleicht kann man diese aber (in Kleindruck) absetzen.

Die BAV-Interna könnten wiederum typographisch abgesetzt sein oder im Artikel-Stil (ohne die abstracts) belassen.

Unter Umständen kann man sich auch zu einem allgemeinen Format durchringen, was problemlos im Internet darstellbar ist, oder umgekehrt, was sich leicht als Internetseite erstellen lässt und dennoch gedruckt gut aussieht (z.B. PDF).

Auf jeden Fall sollte die Einteilung des BAV-Rundbriefs deutlicher gemacht werden (oder komplett neu gestaltet werden). Neben den Veröffentlichungen im IBVS und an wenigen anderen Stellen ist dies schließlich das Kostüm, in dem die BAV sich auf wissenschaftlichem Parkett zeigt. Doch, wie eingangs betont -- dies sind alles nur Vorschläge und keine Forderungen! Vielleicht können sich Interessierte und "Macher" auch hier zu einem Workshop zusammenfinden?

2 Wissenschaftliche Ziele und Methoden

2.1 Beobachtungen

Hauptdatenquelle unserer Arbeit sollte die Beobachtung bleiben. Es gibt so viele Veränderliche Sterne in Reichweite von Ferngläsern, Fernrohren und CCD-Kameras, dass es weit mehr als genügend Arbeit gibt und bei weitem nicht alle Sterne hinreichend untersucht sind, und selbst die gut untersuchten mit Überraschungen aufwarten. Deshalb auch weiterhin die Devise: Beobachten, was das Zeug hält!

2.1.1 Visuelle Beobachtungen

Natürlich definiert die Art und Weise der Veränderlichkeit, insbesondere die Amplitude und die Helligkeit, aber auch die Farbe, ob ein Stern visuell untersucht werden kann.

Ich halte die visuelle Beobachtung von Veränderlichen keineswegs für sinnlos und vertane Mühe. Es ist eine sehr effektive Methode, in schneller Folge eine große Zahl von Sternen zu überwachen. So bietet sich z.B. die Verfolgung des Ausbruchsverhaltens kataklysmischer Sterne an, oder langsam pulsierende Veränderliche. Natürlich auch RR-Lyr- und Bedeckungssterne, doch da landen wir schon beim generellen Problem:

Man muss sich darüber im klaren sein, dass visuelle Beobachtungen ungenauer sind als CCD-Messungen. Man darf also keine Wunder erwarten. Und zwangsläufig kommt es dazu, dass in wissenschaftlichen Auswertungen den visuellen Beobachtungen (objektiv wegen der größeren Ungenauigkeit und subjektiv wegen des Misstrauens dem Empfänger Auge gegenüber) weniger bis kein Gewicht zukommt. In direkter Konkurrenz mit CCD-Messungen oder photographischen Beobachtungen (z.B. bei sehr gut überwachten Sternen wie SS Cyg) werden visuelle Schätzungen zumeist schlechter abschneiden oder ganz ignoriert. Für wenig beobachtete Sterne sieht das jedoch ganz anders aus. Hier dürfte auch ein Fachmann froh sein, wenigstens auf verstreute visuelle Beobachtungen zurückgreifen zu können.

2.1.2 Photographische Beobachtungen

Obwohl in den letzten Jahren die photographische Beobachtung zugunsten der CCD-Technik stark zurückgegangen ist, stellt diese Beobachtungsmethode dennoch nach wie vor eine solide Basis dar. Wer sich den Veränderlichen von dieser Seite nähern will, kann dies mit großem Erfolg tun. Im Vergleich mit CCD-Messungen schneidet die Photographie zwar schlechter ab (größere Ungenauigkeit), aber die Mittel zur Erlangung von Aufnahmen sind einfach und sehr preiswert.

Wer diesen Prozess allerdings perfektionieren will, kommt nicht umhin, die Photos zu digitalisieren, und damit steigen die Kosten und der Zeitaufwand. Meine ganz persönliche Meinung ist daher: Wer sich der (geringen) finanziellen Belastung und der zeitlichen Mühe der Photographie aussetzen will, der sollte ernsthaft überlegen, etwas mehr Geld zu investieren und zur CCD-Technik übergehen. Trotz anderer Probleme, die man sich damit einhandelt, lohnt der Umstieg allemal und wird sich in sehr kurzer Zeit amortisiert haben.

2.1.3 CCD-Beobachtungen

Die Lichtkurven und Beobachtungsergebnisse der CCD-Beobachter sprechen für sich: Wer ganz wertvolles Beobachtungsmaterial produzieren möchte, arbeitet mit dieser Technik. Sie bietet viele Vorteile, die ich hier nicht aufzählen möchte, und sie bietet vor allem in Sachen Genauigkeit und Reichweite das Beste, was mit der jeweils verfügbaren Optik erreichbar ist.

Trotz der Vorsicht besonderes Neulingen gegenüber, nicht zu fordern, dass die CCD-Beobachtung ein MUSS ist, sollte dennoch die Bemühung dahin gehen, möglichst vielen den Einstieg in diese Beobachtungstechnik schmackhaft zu machen und sie dabei zu unterstützen.

Einen generellen Wink auch den CCD-Profis in der BAV gegenüber möchte ich noch loswerden. Zumeist wird -- der besseren Reichweite wegen -- im integralen Licht beobachtet. Das ist oft auch unproblematisch, wenn es um das N-te Minimum eines Bedeckungssternes geht. Für subtilere Untersuchungen jedoch, und um Beobachtungen verschiedener Quellen wirklich sauber miteinander vergleichen oder kombinieren zu können, sollte man sich angewöhnen, generell mit Filtern zu arbeiten. Ansonsten entspricht dies der Photographie mit unbekannter Emulsion oder einer visuellen Beobachtung mit Sonnenbrille: Man weiß nicht so genau, was man eigentlich misst. Über die Reduktion des Instrumentensystems in ein definiertes photometrisches System ist an anderer Stelle schon berichtet worden.

2.1.4 Web-Kameras

Diese billige Utensil inzwischen fast jeden Computers ist insbesondere bei Jugendlichen stark in Mode gekommen. Obwohl die Empfänger sehr klein und ungekühlt sind und in zwar modischer aber unbrauchbarer Verkleidung stecken, birgt der Einsatz solcher Kameras auch für Veränderliche ein gewisses Potential. Vor allem der Zielgruppe unserer Nachwuchsbemühungen sollten solche Kameras vertraut sein.

Gegenwärtige Web-Kameras, eingesetzt an Ferngläsern oder Fernrohren dürften zwar mit Mühe der visuellen Beobachtung Konkurrenz machen und in der Reichweite und Genauigkeit den CCD-Kameras in keiner Weise das Wasser reichen, aber sie sind vor allem billig und basieren auf dem gleichen Prinzip wie die teuren CCD-Kameras. Ich könnte mir vorstellen, dass über diesen Zwischenschritt erstens junge Leute zu gewinnen sind und zweitens diesen der Weg zur "richtigen" CCD dann logisch und erstrebenswert erscheint.

2.1.5 Internet-Beobachtungen

Eine bequeme Methode, beobachtende Schreibtischastronomie zu betreiben, ist die Nutzung automatischer, über das Internet ansteuerbarer oder abrufbarer Teleskop wie z.B. Stardial. Bela Hassforther (1999) hat eindrucksvoll beschrieben, was aus solchen Bildern herausgeholt werden kann.

Natürlich entspricht diese Methode nicht dem traditionellen Selber-Sammeln, denn die Internet-Daten stehen der ganzen Welt zur Verfügung, doch zeigt dieses Herangehen, wie die Beschäftigung mit den Veränderlichen in Zukunft auch aussehen könnte. Die eigene Tätigkeit bezieht sich dann mehr auf die Auswertung und den Gebrauch der Daten und ist damit bereits dem eigentlichen Ziel, den Veränderlichen, einen Schritt näher.

2.1.6 BOSS

Die Abkürzung BOSS steht für "BAV"-"Observatoire de Haute Provence"-"Sonneberg"-"Survey" und bezeichnet eine zur letzten BAV-Tagung in Sonneberg geborene Idee, ähnlich zu Stardial ein automatisches Teleskop (mit fixer Orientierung) an astronomisch günstiger Stelle (Haute Provence) unter gemeinsamer Obhut von BAV und Sternwarte Sonneberg zu bauen, zu installieren und zu betreiben.

Leider ist seit der Idee nicht viel passiert, was zunächst an der Verfügbarkeit der geplanten 7Kx4K-Kamera lag, von denen eine erste seit September 2001 nun in Sonneberg vorhanden und im Einsatz ist. Eine solche Kamera in der Haute-Provence zu betreiben, bedarf gründlicher Vorbereitung und Tests, die -- momentan jedenfalls -- von der Sternwarte Sonneberg allein nicht durchgeführt werden können. Es sind daher Mitstreiter gefragt, die sich an einem solchen Projekt konkret beteiligen würden. (Wieder ein Thema für einen Workshop!)

Davon ausgehend, dass BOSS in vielleicht zwei Jahre einsatzbereit ist, wäre dies tatsächlich eine neuartige Quelle für Beobachtungen von BAV-Mitgliedern (die diese dann auch nutzen sollten!) oder man macht die Sache ganz öffentlich wie das auch bei Stardial der Fall ist.

2.2 Sternphysik

Es liegt mir fern, für jeden Typus von Veränderlichen nun zu empfehlen, ob man sich damit befassen sollte oder nicht. Außerdem muss ich offen gestehen, im weit verzweigten "Markt" der Veränderlichen keinen in die Details reichenden Überblick zu haben.

Grundsätzlich ist jede Beobachtung gut, die sinnvoll ist (d.h. mit ausreichender photometrischer Präzision). Und darüber definiert sich auch unser Arbeitsfeld: Veränderliche Objekte heller als ca. 20m und mit wenigstens 0.1 mag Amplitude (Ausnahmen möglich).

Ein großer Schwerpunkt der BAV-Tätigkeit ist seit Jahrzehnten die Beschäftigung mit Bedeckungsveränderlichen. Nicht zuletzt damit hat sich die BAV einen Namen gemacht. Dieses Pfund würde ich auch nicht ohne weiteres hergeben und auf diesem Gebiet weitermachen.

Insbesondere auch die genauere Untersuchung von (photometrisch sauberen) Messkurven im Lichte des aktuellen Themas 2.5.5 (Extrasolare Planeten) gibt den Bedeckungsveränderlichen eine ganz neue Bedeutung.

Ein Vorteil der Bedeckungsveränderlichen ist die individuelle Gewinnung von Beobachtungsergebnissen. Allein oder in kleinen Gruppen wird ein Objekt beobachtet, bis man die Periode ermittelt oder das (Normal-)Minimum bestimmt hat. Die strenge Periodizität macht das möglich. Bei anderen Sterntypen hinken rein individuelle Lichtkurven wegen der Wetter-, Mond- und Saisonlücken den (internationalen) Gemeinschaftslichtkurven meist hinterher.

Dennoch ist die Beobachtung anderer Sterntypen (z.B. Miras, Eruptive) genauso wichtig. Nur sollte man auch hier sich immer die Frage stellen, ob der eigene Beitrag in Form noch eines weiteren winzigen Punkts im breiten Band der Gemeinschaftslichtkurve das Erstrebenswerte ist, oder ob man sich nicht auf seltener beobachtete Objekte konzentrieren sollte. Das ist zwar mühsamer, und der schnelle Erfolg und das Gefühl "mit dabei zu sein" stellt sich schwerer ein, aber aus wissenschaftlicher Sicht ist dies eher zu begrüßen. Voraussetzung ist freilich eine gewisse Beobachtungserfahrung (für visuelle Beobachter) und saubere Photometrie (für CCD-Beobachter), aber die kann man zuvor an den Gemeinschaftslichtkurven gut testen.

Ebenso möchte ich appellieren, jede Einzelbeobachtung aufzuheben (in die Datenbank zu packen), auch wenn dies z.B. für Bedeckungssterne scheinbar nicht notwendig ist. Es kann vorkommen, dass zweifelhafte Fälle geklärt werden müssen. Dann ist man froh, auf Originalmaterial zurückgreifen zu können.

2.3 Auswertungen

Einer sauberen Auswertung kommt die gleiche Bedeutung zu wie einer sorgfältigen Beobachtung. Hier sollte meiner Ansicht nach eine strenge Selektion erfolgen (wie es mit den Lichtkurvenblättern ja auch schon gemacht wird). Nur wirklich ausreichend dichte Messreihen taugen zur Ableitung anderer Größen wie Extremazeiten und -helligkeiten. Man scheue sich nicht, die Genauigkeit mit anzugeben(z.B. +/- 0.0001 d, +/- 0.03 mag), ja im Gegenteil: Hier weiß der nachfolgende Nutzer viel besser, wie die Daten zu bewerten sind. Sind keine Grenzen angegeben, muss er mutmaßen, und das kann für beide Seiten ins Auge gehen.

Die richtige Fehlerbehandlung ist ein oft zur Seite geschobenes Thema. Hier gibt es meinem Eindruck nach generellen Nachholbedarf in der BAV.

Weiß man das mathematisch-statistische Handwerkszeug richtig anzuwenden, dann lassen sich mit Sicherheit auch die vielen, in den Lichtkurvenblättern schmorenden Schätze heben. Hier gibt es bestimmt noch einiges zu tun, und es wäre schade, die in mühevoller nächtlicher Kleinarbeit gewonnenen Ergebnisse vieler Beobachter im Archiv verschimmeln zu lassen. (Überlegt werden sollte, diese Daten -- mit entsprechendem Kommentar versehen -- ins Internet zu stellen.)

2.4 Theorie und Modellierungen

Die Beschäftigung mit den Veränderlichen reicht oft nur bis zur Beobachtung, seltener schon bis zum Zwischenergebnis Minimum/Maximum, noch seltener bis zur Bestimmung oder Verbesserung einer Periode und ganz selten bis zur Beschäftigung mit einem konkreten Modell für einen Veränderlichen oder gar eines Typs. Dies ist das Terrain, was anscheinend komplett den Profis überlassen wird.

Ich möchte dennoch ganz deutlich Mut machen, sich auch damit zu beschäftigen. Freilich verfügen die wenigsten über ein ausgebufftes mathematisch-physikalisches Grundwissen und die Fähigkeit, es einzusetzen. Doch nicht jedes Sternmodell benötigt die Tiefen der Thermo- und Gasdynamik. Oft kann man mit Näherungen und geometrischen Vereinfachungen rechnen. So etwas ist aber oft mit mehr physikalischer Einsicht verbunden, als sich z.B. mit den Problemen der Lösung von Differentialgleichungen herumzuschlagen.

Der Lohn dieser Mühe ist das Verständnis für Vorgänge, die wir sonst nur erahnen können, und die Motivation für die Beobachter, Feinheiten der Modelle durch genauere Nachbeobachtung bestätigen oder verwerfen zu können.

2.5 Aktuelle Themen

Obwohl es auf dem Gebiet der "klassischen Veränderlichen" mehr als genug zu tun gibt, möchte ich dennoch auf einige Themen der aktuellen Forschung aufmerksam machen, die auch für die BAV interessant sein könnten, denn schließlich wollen wir uns mit allem befassen, was interessant ist, Neugierde weckt und Spaß macht.

2.5.1 Optische Gegenstücke von GRBs

Die Gamma-Ray-Bursts sind ein Phänomen im Gamma-Energiebereich, in welchem von Satelliten aus seit Jahrzehnten Blitze von einigen Sekunden bis einigen zehn Sekunden Dauer registriert werden, die aus allen Regionen des Weltalls zu uns gelangen. Lange Zeit war völlig unklar, was sich hinter diesen Explosionen verbirgt, denn schnell wurde klar, dass die Blitze in sehr großer (kosmologischer) Entfernung entstehen und daher extrem energiereich sein mussten. Seit wenigen Jahren ist man in der Lage, bei einigen Bursts ein optisches Gegenstück nachzuweisen. Meist handelt es sich um eine schwache Lichtquelle im Bereich 20m, aber es ist auch schon ein Burst von 9m beobachtet worden. Oft geht es also darum, möglichst schnell (innerhalb von Sekunden und Minuten), auf die entsprechende Gegend am Himmel, aus der der Gamma-Blitz kam, zu schwenken und innerhalb der Fehlergrenzen der Gamma-Positionsbestimmung (einige Bogenminuten) ein verdächtiges Objekt auszumachen und dies dann schnell zu melden.

Wer Interesse dafür hat, sollte sich im VSNET in der entsprechenden Mailingliste anmelden. Vorausgesetzt man ist permanent mit dem Internet verbunden, ist so garantiert, in kürzester Zeit (wenige Minuten) über die aktuellen Ereignisse informiert zu sein. Im Durchschnitt gibt es ca. 1 Ereignis pro Tag.

2.5.2 Mikrolensing

Mikrolensing ist ein Effekt, der auf der relativistischen Ablenkung des Lichts an schweren Massen (Sternen, Planeten) beruht. Geht nahe der Sichtlinie zwischen einem fernen Stern und uns eine solch schwere Masse vorbei, so bewirkt die Lichtablenkung eine Verstärkung des Lichts des dahinter liegenden Sterns. Dieser Vorgang kann einige Tage bis Wochen dauern und führt zu einer charakteristischen Aufhellung von bis zu einigen Größenklassen.

Leider ist die Chance, ein solches Ereignis zu entdecken, sehr selten und liegt in der Größenordnung von 1:1 Mio. -- 1:10 Mio., d.h., unter 1 bis 10 Mio. Sternen unterliegt zu jeder Zeit irgendein Stern einer solchen Verstärkung. Diese herauszufinden ist die Aufgabe groß angelegter, aufwändiger Suchprogramme, die meist am Südhimmel angesiedelt sind, da die Richtung Magellansche Wolken und Galaktisches Zentrum bevorzugte Gegenden sind. Wird jedoch einmal ein solches Objekt gefunden, dann schlagen die Beobachter Alarm, und man wird -- ebenfalls über VSNET -- informiert und kann mitbeobachten.

2.5.3 Entdeckungen von Veränderlichen

Der Einsatz von CCD macht die Suche nach neuen Veränderlichen einfacher. Wer über eine Kamera mit nicht zu kleinem Chip verfügt, der kann recht einfach durch wiederholte Aufnahmen der gleichen Gegend und mit Hilfe automatischer Photometrieprogramme nach Variationen suchen und so u.U. neue Veränderliche finden, vermessen und klassifizieren. Unser BAV-Mitglied Klaus Bernhard verfolgt z.B. diese Strecke und hat bisher mehr als 100 Veränderliche entdeckt.

Die Mühe für solche Unternehmungen lohnt auf jeden Fall. Erstens gibt es vermutlich noch Millionen Veränderliche in der Reichweite unserer Fernrohre zu entdecken und zweitens könnte jede Neuentdeckung auch zu besonders interessanten Überraschungen und neuartigen Phänomenen führen.

Ähnlich angesiedelt ist die systematische Suche nach Nova und Supernovae, nur das dort die Detektionsschwelle anders eingestellt ist: man sucht nach Objekten, die es auf Vergleichsaufnahmen nicht gibt. Interessanterweise werden immer noch die Novae unserer Galaxis visuell oder photographisch entdeckt. Hier kann die CCD-Technik, gepaart mit ausgeklügelter Software (und die ist bisher das Problem), noch aufholen.

2.5.4 Asteroiden

Die Messung von Veränderlichen bringt es mit sich, dass wir recht genaue photometrische Messungen durchzuführen wissen. Solche Messungen sind aber nicht nur für Veränderliche interessant, sondern z.B. auch für Asteroiden und dort speziell für die so genannten Erdnahen Asterioden, die eine potentielle Gefahr für die Erde darstellen.

Die Photometrie solcher Körper kann enthüllen, mit welcher Periode sie rotieren und wie sie geformt sind. Dies wiederum lässt die Aussage zu, ob es sich um ein felsiges Objekt handelt (welches z.B. sanft aus seiner möglichen Kollisionsbahn gelenkt werden könnte) oder um eine lockere Ansammlung, die bei Krafteinwirkung zerfallen würde (und daher besser gesprengt werden sollte). Kurzum, wer sich auf diesem Gebiet schaffen will, der tut nicht nur etwas für die Grundlagenforschung sondern u.U. auch etwas für die Sicherheit unseres Planeten.

2.5.5 Extrasolare Planeten

Den Bonbon unter den modernen Themen habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben: die Extrasolaren Planeten. Was hat das mit Veränderlichen Sternen zu tun? Durchaus einiges, wie ich kurz skizzieren werde. (Für Details sei z.B. auf den Artikel von Rauer/Voß in SuW 2/2002 verwiesen.)

Extrasolare Planeten hat man lange vermutet und mittels hochgenauer spektroskopischer Beobachtungen indirekt an inzwischen fast 100 Sternen nachweisen können. In einem Fall (HD 209 458 = V 376 Peg) bewegt sich der Planet in einer Ebene, auf die wir von der Seite blicken, und folgerichtig kommt es zu einer periodischen Bedeckung des Zentralsterns durch den Planeten. Die Amplitude ist ziemlich gering, nur 0.017 mag, aber der Nachweis gelang mit einem Fernrohr von 10 cm Öffnung!

Inzwischen sucht man emsig nach anderen Planetenbedeckungen, die hier "Transits" heißen, bisher jedoch ohne Erfolg. Die Entdeckung eines extrasolaren Planeten mit den ausschließlichen Mitteln der Photometrie steht noch aus. Satelliten werden konzipiert, die in der Lage sein werden, noch 0.0001 mag Lichtschwächungen zu messen und damit erdgroße Planeten nachzuweisen, doch bis dahin wird es gewiss noch einige Jahre dauern. Die systematische Suche nach Veränderlichen kann also auch -- bei sehr sorgfältiger Photometrie -- zur Entdeckung von Planeten führen!

Ein hochinteressanter Ansatz für uns besteht überdies in folgender Überlegung: Es könnte sein, dass auch Doppelsterne über Planeten verfügen, die entweder (sehr nah) die Einzelsterne umlaufen oder (in reichlicher Entfernung) um den Schwerpunkt des Gesamtsystems rotieren. In beiden Fällen sollte es so sein, dass die sich Planeten auf Bahnebenen bewegen, die nicht allzu sehr gegen die Bahnebene des Doppelsternpaares geneigt sind. Man darf also mit einer gewissen Hoffnung erwarten, dass Bedeckungssternsysteme über den normalen Bedeckungszyklus hinaus auch "Mini"-Minima aufweisen, die von Planeten herrühren. Doch Vorsicht! Die Amplituden sind sehr gering (in der Größenordnung weniger hundertstel mag) und die einfache Periodizität eines solchen Bedeckungsereignis ist überlagert von dem Umlauf der beiden Sterne und daraus resultierender Lichtlaufzeiten.

Und dennoch: Ich könnte mir vorstellen, dass wir auf diesem spannenden Gebiet einen kleinen Beitrag leisten können.

Literatur:

Bannuscher, D.: BAV Rundbrief 51.129, 2002

Bernhard, K.: BAV Rundbrief 50.181, 2001

Braune, W.; Hübscher, J.: BAV Rundbrief 50.131, 2001

Braune, W.: BAV Rundbrief 50.114, 2001

Braune, W.: BAV Rundbrief 51.11, 2002

Hassforther, B.: BAV-Rundbrief 48.139, 1999

Hübscher, J.: BAV Rundbrief 50.121, 2001

Peter Kroll, Sternwarte Sonneberg

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