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W UMa - ein Standardstern?

Günter Petter

Abstract : Detailed studies of the light graph of W UMa show in the area of the mini- mum(I) a not expected stretch of a constant phase of ca. 20 minutes (within a range of +/- 0.024mag). The measurements were made with the help of CCD-equipment in the V-band with a frequency of ca.1...2 minutes. A satis- factory explanation of this phenomenon cannot be given so far.

Das System W UMa ist relativ gut bekannt. Es gibt der Klasse der Kontaktsysteme innerhalb der Bedeckungsveränderlichen seinen Namen: Zwei sich berührende, sonnenähnliche Sterne (0.8 bzw.1.14 ? D?) mit gemeinsamer äußerer Gashülle umkreisen sich dreimal am Tag[1]. Eine faszinierende Vorstellung!

Dies und die derzeit günstige Position waren der Grund, W UMa zum Testen meines Equip- ments/Aufnahmetechnik (Lichtkurven mit höherer zeitlicher Auflösung) anzuvisieren.

Eingesetzt wurde ein 100/1000 Rubinar (Mak-Cas-System für Fotografie) mit einem „V“-Filter und einer OES-CCD-Kamera (KAF 0401E). Der „V“-Filter besteht aus einem Astronomik-Grün- filter mit IR-Blocker. Diese Filterkombination liefert in Verbindung mit der Quantenempfindlich- keit des CCD-Chips eine brauchbare Näherung für den V-Bereich nach Kron-Cousins(Schwer- punkt der Filterkurve liegt ebenfalls bei ca.550 nm).

Die Aufnahmen erfolgen im Abstand von 1 ... 1,5 min bei einer Belichtungszeit von 30...40 sec. Mit Hilfe der OES-Software wird die Auswertung automatisch vorgenommen: Aperturfotometrie mit quadratischen Blenden. Das Ergebnis ist ein ASCII-File der Intensitäts-Integrale für Variable und Referenz sowie deren Verhältnis.Dies reicht für Lichtkurvenverläufe und Zeitbestimmungen zunächst aus.

Die erste Minimumbestimmung war eine Überraschung: daß das Minimum ca.10 min früher als vorausgesagt kam,war noch vertretbar,daß aber der Minimumsverlauf einen Bereich konstanter Helligkeit von immerhin 20 min besaß, kam unerwartet. W UMa-Lichtkurven sollten eigentlich in jeder Phase kontinuierlich verlaufen.Ausnahme: Unterklasse 'W'[2].Dieser Sachverhalt wird erst bei entsprechender Darstellung der Zeitachse sichtbar.

Nun war das Interesse geweckt ! Weitere Lichtkurven folgten, sowohl für die beiden Minima als auch für die Maxima. Siehe Tabelle im Anhang. Das zusammengefaßte Ergebnis ist folgendes (Abb.1):

(Abb.1):

Die Maxima sind geringfügig unterschiedlich ca.0.04 mag (warum ?"starspots"?).Bei den Minima ist die Differenz deutlich größer (ca.0.14 mag) und ist mit der unterschiedlichen Größe und Helligkeit der beiden Partner zu erklären.

Die gemessenen Magnituden stimmen relativ gut mit den Literaturangaben überein.

    Maximum   delta Max(I-II)   Minimum   delta Min(I-II)   Quelle   (alle Angaben in mag)
    7.75          ?              8.48         ?               [3]
    7.84          ?              8.57         ?               [4]
     -          -0.03             -          0.01*            [5]   *)aus Lichtk.ermittelt
     -          -0.02             -          0.13*            [6]        dto.
    7.77/7.81   -0.04            8.53/8.39   0.14             PTT

D.h. die gewählte Filterkombination ist eine brauchbare Näherung für den V-Bereich. Interessanter ist jedoch der zeitliche Verlauf der Minima (Abb.2), (Abb.3).

In fast allen Fällen (eine Ausnahme von 10, bei welcher der Verlauf nicht ganz eindeutig war) wird ein Plateau - konstante Phase - im Minimum(I) im Rahmen der o.a. Streubreite beobachtet. In der Literatur findet man hierzu keine konkreten Hinweise[5],es werden lediglich Vermutungen zu Störungen, verursacht durch "starspots" geäußert. Die Bestimmung der Minimumszeit erfolgt i.a. noch mit einem "Parabel-fit".

Im Gegensatz dazu verläuft das Minimum(II) näherungsweise parabelförmig (Abb.3). Für den Verlauf des Minimum (I) -entspricht tieferem Hauptminimum - gibt es noch keine ein- deutige Erklärung. Möglich wäre, daß der kleinere, dunklere Partner sich weiter verkleinert hät- te, so daß trotz Randverdunklung und Reflexionseffekten eine konstante Phase entsteht (dann müßte aber auch im Minimum (II) ein Bereich mit konstanter Helligkeit sein?). Daß der dunklere Partner sich so vergrößert hat und den nun kleineren, aber helleren vollständig bedeckt, ist prin- zipiell auch denkbar. Allerdings sollte dann "delta-mag" der beiden Minima etwas größer sein ( ...0.3mag?)

Die Periode zeigt seit 1903 ebenfalls eine bewegte Geschichte [6]. Neuere Werte deuten auf eine zunehmende Verkürzung hin:

     P = 0.33 36 3749     lt.[3],etwa 1984
         ......  3554        [5],Mittel 1982-99
         ........3550        [4], 2000(?)
         ........3456        Petter, 2001-02

Der letztgenannte Wert sowie der Minimumsverlauf sind natürlich durch weitere Beobachtungen zu stützen. Es ist also durchaus noch lohnend, auch sogenannte Standardsterne ins Visier zu nehmen und deren Lichtkurven durch CCD-"Präzisionsmessungen" mit höherer zeitlicher Auflösung und Genauigkeit zu untersuchen. Vor Überraschungen, die vielleicht das physikalische Verständnis weiter vertiefen helfen, ist man dabei nicht sicher.

Ansätze zur Steigerung der Meßgenauigkeit sind z.B.:größerer CCD-Chip,um weitere Referenz-Sterne(sog."Check-Sterne") mit einzubeziehen; maximales Signal-Rauschverhältnis ohne Pixelsättigung(!); sorgfältige Datenreduktion (masterdark und masterflat); sowie Geduld beim Warten auf gute "fotometrische" Nächte.

Literatur: [1]  Burnhams Celestial Handbook, 1968 ff
           [2]  Handbuch für Sternfreunde II, 374 
           [3]  GCVS 87
           [4]  Hipparcos,Anhang für Veränderliche (Guide 8.0)
           [5]  De Pasquale et.al., IBVS 4752 (1999)
           [6]  Morgan et.al., IBVS 4517 (1997)

Anhang:

Beobachtungsergebnisse 2001/2002; Minimum (I), BAV-Veröffentlichung folgt

Datum UT 1) JD, heliozentr. B – R 2) 9.4.2001 21:22.8 245 2009.3922 - 0.038(3) 2.5.2001 21:54 2032.4221 - 0.039(4) 11.5.2001 0:7.2 2041.4206 - 0.039(1) 14.1.2002 19:22.4 2289.3115 - 0.040(8) 3.2.2002 19:48 2309.3294 - 0.041(2) 4.2.2002 19:50 2310.3307 - 0.040(8) 17.2.2002 20:6.8 2323.3422 - 0.041(2) 3.4.2002 21:7.7 2368.3822 - 0.042(2) 7.4.2002 21:13.1 2372.3856 - 0.042(5)

1) Als Minimumszeit wurde hier die Mitte der konstanten Phase angenommen, s. Abb.2; dadurch könnten sich gegenüber einem ‚Parabel-Fit‘ geringe Abweichungen ergeben.
2) Bezug : Eo, Po aus GCVS 87

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